McDonald's beißt beim Styropor auf Granit

■ Gericht: Städte dürfen Abgabe kassieren

Berlin (taz) – Städte und Gemeinden dürfen eine Sondersteuer auf die Verwendung von Einweggeschirr und Dosen in Restaurants, Imbißbuden und Gaststätten erheben. Das hat gestern überraschend das Bundesverwaltungsgericht in einem Grundsatzurteil entschieden. Damit setzte sich die Stadt Kassel gegen zwei McDonald's-Schnellrestaurants und zwei Firmen durch, die Getränkeautomaten aufstellen. Seit 1992 kassiert die Stadt eine Sondersteuer auf Plastikteller, Einwegbecher und Dosen.

In dem Urteil vertraten die Richter des 8. Senats die Ansicht, daß Städte und Gemeinden auch solche Steuern erheben dürfen, deren Hauptzweck „auf die Abfallvermeidung gerichtet ist“. Das Recht der Kommunen, örtliche Verbrauchssteuern zu erheben, werde auch durch das Abfallgesetz und die Verpackungsverordnung des Bundes nicht berührt, argumentierte das Gericht. Auf Bundesebene werden keine Verpackungsabgaben erhoben.

Überrascht und erfreut reagierten Experten auf das Urteil. „Damit können die Städte jetzt klare Signale an Fast-food-Ketten und Imbißbuden aussenden. Wenn der Preis steigt, ist ein Anreiz da, auf Mehrweg umzusteigen“, hofft Andreas Golding vom BUND. Der Städte- und Gemeindebund begrüßte die Entscheidung als „Meilenstein zur weiteren Vermeidung überflüssigen Mülls“.

In Kassel werden zur Zeit für Einwegdosen und -flaschen 40 Pfennig, für Einweggeschirr 50 Pfennig sowie für Messer oder Gabeln 10 Pfennig Steuer erhoben. Die Einnahmen belaufen sich auf knapp eine Million Mark im Jahr. Etwa 500 Tonnen Müll sollen als Folge der Steuer vermieden worden sein.

Die Kläger hatten zunächst den hessischen Verwaltungsgerichtshof angerufen, der das Bundesverwaltungsgericht um Klarstellung der Rechtslage bat. Den hessischen Richtern obliegt nun die abschließende Entscheidung. Die ist aber durch die Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts vorbestimmt. Das letzte Wort ist dabei wohl noch nicht gesprochen. Die Automatenaufsteller haben bereits einen Gang nach Karlsruhe zum Bundesverfassungsgericht angekündigt.

Überrascht durch die Berliner Entscheidung wurde auch das Bundesumweltministerium. Bis Redaktionsschluß war keine Stellungnahme erhältlich. „Das zuständige Referat feiert geschlossen Hochzeit“, bedauerte ein Sprecher.

Lorenz Redicker Kommentar Seite 10