Kellnerin war gewarnt

■ Prozeß um „Ausländerjagd“

Magdeburg (taz) – Zumindest eine Kellnerin der „Marietta-Bar“ von Magdeburg war vor dem Himmelfahrtstag vor dem Hooligan- Überfall auf das Lokal gewarnt worden. Ihr Freund habe sie einen Tag zuvor angerufen und sie eindringlich davor gewarnt, an diesem Tag zur Arbeit zu gehen, da sein Arbeitskollege Steffen „kommen und alles kaputtmachen will“, sagte die 18jährige Verena H., die zum Zeitpunkt des Überfalls als Aushilfe in der „Marietta-Bar“ arbeitete. Sie selbst kenne den Hooligan Steffen auch, allerdings nur seinen Vornamen. Aber weil sie ihn als Prahlhans und Spinner einstufe, habe sie diesen Hinweisen keine große Bedeutung zugemessen, sagte Verena H., die als Zeugin im ersten Prozeß gegen mutmaßliche Beteiligte an den ausländerfeindlichen Himmelfahrtskrawallen in Magdeburg aussagen mußte. Die Staatsanwaltschaft wirft den drei Angeklagten im Alter von 19 und 20 Jahren gefährliche Körperverletzung und Landfriedensbruch in einem besonders schweren Fall vor.

Sie habe diesen Steffen dann in der Meute der randalierenden Hooligans wiedererkannt, so Verena H. Ein zweites Mal erkannte sie Steffen Sch., der aufgrund anderer Zeugenaussagen wegen seiner Beteiligung an den Krawallen in Untersuchungshaft sitzt und dort auf seinen eigenen Prozeß wartet, gestern bei der Vorführung vor Gericht wieder.

Dünn aussehen ließen zwei Polizisten in ihrer Zeugenaussage vor der Schöffenkammer des Magdeburger Amtsgerichts die Verteidigung des Angeklagten Steve A. Der hatte in seiner Aussage vor der Polizei sich selbst, seine beiden Mitangeklagten und auch andere mutmaßliche Beteiligte an den Krawallen schwer belastet, will davon jetzt aber nichts mehr wissen. Er habe sich unter Druck gesetzt gefühlt. Beide Polizisten berichteten dagegen übereinstimmend, daß Steve A. zwar bereitwillig ausgesagt habe, mehrfach aber geäußert habe, „daß er deswegen massive Angst vor seinen Freunden“ habe. Eberhard Löblich