Der Freund und Helfer

■ Polizist befreite Häftling

Landau (taz) – Polizeihauptkommissar Roland Schlosser muß sich am Montag vor dem Amtsgericht im südpfälzischen Landau verantworten. Er hatte Anfang Juni 1993 den 22jährigen angolanischen Asylbewerber Alves da Costa aus einer Haftzelle der Polizeidirektion entlassen und privat untergebracht. Er empfand die Unterbringung Costas als „menschenunwürdig“.

Der Angolaner war wegen seines abgelehnten Asylantrages tagelang in einer Ausnüchterungszelle im Keller des Präsidiums zur Abschiebehaft eingesperrt. In der Zelle steht lediglich eine Holzpritsche, weder Toilette noch Waschbecken sind dort installiert. Angesichts dieser Haftbedingungen erklärte Schlosser, habe er sich „nicht nur als Beamter, sondern auch als praktizierender Christ in die Pflicht genommen“ gefühlt. Nach seiner Auffassung entsprach die Unterbringung auch nicht der im Grundgesetz verankerten Wahrung und Achtung der Menschenwürde. Außerdem habe sie gegen das Strafgesetzverfahrensgesetz verstoßen, nach dem Häftlinge in Justizvollzugsanstalten untergebracht werden müssen, die im Gegensatz zur Polizeistation für längere Aufenthalte eingerichtet sind. Alves da Costa war strafrechtlich unbescholten, hatte einen festen Wohnsitz und einen Arbeitsplatz in der Pfalz. Gegen die Abschiebehaft hatte bereits ein Rechtsanwalt Haftbeschwerde eingelegt. Die Staatsanwaltschaft hat Schlosser einen Strafbefehl über 2.000 Mark zugestellt, gegen den er Widerspruch eingelegt hat. Am Montag muß er sich vor Gericht wegen Verdacht auf Gefangenenbefreiung verantworten.

Eine andere Stelle belohnt den Hauptkommissar jedoch für sein Handeln: Im August wird die Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges ihm den „Clara-Immerwahr-Preis“ verleihen. Über das Schicksal von Alves da Costa ist nichts mehr bekannt. Er hielt sich zunächst an seinem polizeilich gemeldeten Ort auf, aber ausgerechnet, als das Landgericht Landau den Haftbefehl aufhob und ihm sogar wegen des Bürgerkrieges in seiner Heimat eine Duldung gewährte, verschwand er spurlos. Elke Eckert