Galgenfrist für Künstlerinnenhaus

■ Stadtparlament entschied sich gegen CDU-Forderung, Vertrag zu beenden

Galgenfrist für Künstlerinnenhaus

Stadtparlament entschied sich gegen CDU-Forderung, Vertrag zu beenden

Die Bewohnerinnen und Nutzerinnen des Künstlerinnenhauses im Buntentorsteinweg dürfen vorerst bleiben. Das entschied die Stadtbürgerschaft gestern auf ihrer Sitzung. Mit Stimmenthaltung lehnte die Koalitions-Mehrheit einen Antrag der CDU-Fraktion ab, der forderte, den Nutzungsvertrag zwischen Kulturverein und Stadt nicht zu verlängern. Nach dem Willen der CDU sollten auf dem Grundstück Altenwohnungen gebaut werden. Mit dieser Entscheidung ist das Frauenprojekt noch nicht gerettet. Die Zusagen der Frauensenatorin Uhl, „das Projekt zu begleiten“, beziehen sich lediglich auf den Zeitraum bis zu einem offiziellen Baubeginn.

Bereits vor 14 Tagen hatte der Beirat Neustadt sich mit Mehrheit einem Antrag der CDU-Fraktion angeschlosssen, den Nutzungsvertrag für das Haus mit den Frauen nicht zu verlängern. Vorausgegangen war im Beirat eine Diskussion mit AnwohnerInnen. Gekommen waren allerdings nur die NörglerInnen.

Im Buntentor überwiegt Zurückhaltung

Tatsächlich überwiegen im Buntentor die Zurückhaltenden. Solche, die nicht mehr sagen, als: „Ich halte mich da raus.“ Nur, wer von Haustür zu Haustür geht, trifft sie. Und erfährt auf Nachfrage Freundliches. „Wir haben unsere alte Couch dorthin gebracht“, erzählt Frau P. Und eine andere Nachbarin sagt: „Ich regele alles im direkten Gespräch mit den Frauen.“ Dritte finden: „Wir haben nichts gegen die.“ Die Mehrheit der NachbarInnen verhält sich diskret und will die Frauen nicht rauswerfen. Das Markenzeichen dieser Nachbarn: Sie wohnen zur Miete. Ihre Haltung: „Die Frauen tun mir nichts — und ich tue den Frauen nichts.“

Die GegnerInnen des KünstlerInnenhauses stört dagegen vieles. „Wir wollen nicht länger auf diese Fassade schauen.“ Die Graffitis gegen „Kapitalismus“, „Bullen“ und „Geld“ ärgern sie schon lange — und zwar ganzjährig. Im Winter stinkt ihnen zusätzlich der Rauch aus den Kaminen: Das alte Haus wird mit Kohleöfen beheizt. Außerdem fühlen sie sich durch die „Zigeunerwagen“ auf dem Grundstück gestört. Selbst zum Privatleben der Nachbarinnen gibt es kritische Stimmen.

Die WortfüherInnen dieser Gruppe sind WohnungseigentümerInnen. Sie haben sich nie direkt bei den Bewohnerinnen des Künstlerinnenhauses beschwert. „Da ist immer alles verschlossen“, erklären sie. Manche haben auch Verständnis für die Frauen. Herr Z. lächelt: „Wir wollen ja alle mal aussteigen und wie Robinson leben!“ Und wenn auf dem Gelände ein Neubau gebaut würde, ließe er die Frauen wieder dort drüben einziehen: „Aber dann sollen sie ordentlich Miete zahlen, wie das alle tun!“ Denn persönlich habe er nichts gegen die Bewohnerinnen. „Manche arbeiten sogar.“ Und noch eine gute Nachrede verbreiten die FassadenhasserInnen: „Laut sind die Frauen nicht.“

Eva Rhode