Filmförderung als politischer Tauschhandel?

■ Professor Hans Herbert von Arnim und sein neues Buch über die politischen Selbstbedienungs-Skandale / Diesmal im Irrtum?

und sein neues Buch über die politischen Selbstbedienungs-Skandale / Diesmal im Irrtum?

Der Mann, der gestern im Literaturhaus sein neues Buch vorstellte, gäbe einen prächtigen Senator ab: Er ist beharrlich, distinguiert, gewandt in Wort und Auftreten; er kennt wie kaum ein zweiter die Ränke von Politik und Verwaltung; und er ist Experte für öffentliche Finanzen.

Der Mann könnte dennoch nie Senator an der Elbe werden, auch nicht Minister in Hessen, noch weniger im Saarland — denn an diesen Orten hat er sich Feinde geschaffen: die politische Kaste. Die Rede ist von Hans Herbert von Arnim, 54jähriger Professor für Öffentliches Recht an der Verwaltungshochschule in Speyer. Er ist die „Einmann-Instanz“ (Die Zeit) gegen Auswüchse der Selbstfinanzierung von Politikern. Vor zwei Jahren hat seine Enthüllungsarbeit verhindert, daß die Hamburger Senatoren in den Genuß der großzügigen Pensionen kamen, die sie sich vom Landesparlament 1987 haben still und heimlich genehmigen lassen — wir erinnern uns: das „Camouflage- Gesetz“. Im selben Jahr machte der Professor den Bürgerschaftsabgeordneten einen Strich durch ihre üppige Diäten-Rechnung. Ähnlich war er in Hessen und im Lande Lafontaines tätig geworden.

Nun sind seine Enthüllungen in einem Paperback nachzulesen: „Der Staat als Beute“ heißt es sinnigerweise. In Hamburg präsentierte er das Werk in der Erwartung, daß die Journalisten, die 1991 seine Recherche-Ergebnisse über das Senatoren-Versorgungswerk transportierten, und die Medien, die letztlich die Politik zur (zähneknirschenden) Räson gebracht haben, nun der Chronik der Skandale zum Erfolg verhelfen.

Wie bereits vorab berichtet, findet sich in dem Band auch ein neues Detail über das Zustandekommen des Senatoren-Versorgungswerks. Es betrifft einen der größten Feinde von Arnims in Hamburg: Martin Willich. Der damalige Bürgerschaftspräsident hatte sich bei der Verabschiedung des Gesetzes durch besonderes Engagement hervorgetan. Und das, obwohl er sich als CDU-Mann keinen Vorteil davon erhoffen konnte. Doch bei der ominösen Parlamentssitzung vom 19. März 1987 wurden nicht nur die Pensionsansprüche der Senatoren neu bestimmt, sondern auch 180 000 Mark für die wirtschaftliche Filmförderung — konkret: für die Ausstattung des Film-Fonds Hamburg — bewilligt. Da liegt für von Arnim der Verdacht nahe, daß ein Geschäft auf Gegenseitigkeit abgewickelt worden ist. Denn Willich war und ist im Hauptberuf Chef von Studio Hamburg, der größten Filmproduktionsfirma der Stadt. Später wurden die Filmfördermittel Hamburgs gar von 5,2 auf 17,2 Millionen Mark erhöht.

Von Arnim gesteht zwar ein, daß Willich keinen direkten Vorteil von den Fördergeldern hatte. Es sei aber wohl klar, daß von der staatlichen Stärkung des Filmgeschäfts am Ort auch das auf Fernsehproduktionen spezialisierte Studio Hamburg profitiert habe.

Die Verdienste von Arnims in der Aufdeckung von Selbstbedienungstendenzen in der Politik sollen keineswegs geschmälert werden — aber aus Mißtrauen kann eine Obsession werden. Soll heißen: Nicht hinter jeder politischen Finanzierung muß eine Schweinerei stecken. Denn: Hätten der damalige Stadtchef Klaus von Dohnanyi und SPD-Fraktionschef Voscherau das Studio Hamburg bedenken wollen, wäre es ihnen ein Leichtes gewesen, Fernseh- und Studioförderung, wie es sie in Berlin und München gibt, auf die Tagesordnung zu setzen. Torsten Teichert, Chef des Hamburger Filmbüros, versichert der taz, daß Studio Hamburg weder von der Einrichtung des Film-Fonds noch von den Fördergeldern — die

1nicht für Fernsehserien vergeben werden, von denen das Studio hauptsächlich lebt — einen Nutzen hatte. Teichert: „Wenn es da einen Deal gegeben hat, dann war er aber sehr, sehr vornehm.“

Wahrscheinlich also, daß von Arnim in diesem Punkt irrt. Das

1entlastet den uneinsichtigen Willich aber nicht im zentralen Punkt: von seiner Mitverantwortung an der politischen Schweinerei „Camouflage-Gesetz“. Nebenbei gesagt: Gerade wer gelegentlich irrt, kann in Hamburg einen prächtigen Senator abgeben. Michael Berger