Den Wasservorräten droht der Notstand

■ Wasser in Not: Vertreter von „Wassernetz“ und Bündnis 90/Grüne warfen dem Senat „Sorglosigkeit“ beim Gewässerschutz und der Abwasserbehandlung vor

Treptow. Die „Sorglosigkeit“ des Senats steht in einem „himmelweiten Kontrast“ zu den immensen Problemen der städtischen Wasserversorgung, der Abwasserbehandlung und des Gewässerschutzes. Diesen Vorwurf erhob gestern der umweltpolitische Sprecher der Grünen, Hartwig Berger, anläßlich einer von „Wassernetz Berlin“ und Bündnis 90/Grüne (AL) anberaumten Presse-Informationsfahrt zu diversen Stationen ökologischer Wasser-„Untiefen“ im Ostteil Berlins. Im „Wassernetz“ sind mehrere große Umweltverbände und Bürgerinitiativen zusammengeschlossen, die gemeinsam zum Thema „Wasser“ arbeiten. Aktueller Aufhänger der senatskritischen Bustour durch die Ostberliner Wasserschutzgebiete war der am Samstag weltweit stattfindende „Tag der Erde“ sowie der kommenden Montag im ICC beginnende Mammutkongreß „Wasser Berlin '93“.

In Treptow möchten die Wasserbetriebe im Plänterwald gern eine neue Brunnengalerie errichten, was der Umweltsenator jedoch einstweilen ablehnte (taz berichtete). Wohl auch auf Druck des Bezirks Treptow. Die zusammen mit dem Treptower Park einzige „grüne Lunge“ des Bezirks sei schon heute einem „starken Umnutzungsdruck“ ausgesetzt und müsse als reines Waldgebiet erhalten werden, erläuterte der Stadtrat für Umwelt und Wirtschaft, Vollrad Kuhn (Bündnis 90) die Bezirkshaltung. Laut Kuhn gibt es eine Fülle von Problemen: die illegale Ablagerung von Müll, das ungenehmigte Fällen von Bäumen, der illegale Betrieb von Gaststätten. Der AL-Abgeordnete Berger: „Wenn noch Wasser gefördert wird, ist dieser Wald hin.“

Als ein konkretes Beispiel, wie sorglos der Senat in Treptow mit den Problemen der Trinkwasserversorgung umgehe, nannten Kuhn und Berger die Pläne zum Bau einer Autobahnverlängerung längs des Teltowkanals mitten durch die Wasserschutzzone des Wasserwerks Johannisthal. Bei den auf der Autobahn und in den angrenzenden Wohngebieten prognostizierten 5.000 Autos pro Stunde werde in unvertretbarem Ausmaß „Dreckluft“ in die Innenstadt gelangen, so der Sprecher des Vereins B.A.U.C.H., Axel Wichmann.

Wie die Sprecher von „Wassernetz“ und Bündnis 90/Grüne besonders kritisierten, vernachlässige der Senat den Schutz der Wassergewinnungsgebiete in nicht zu vertretender Weise. Aufgrund des unsicheren rechtlichen Status der Ostberliner Wasserschutzgebiete habe der Senat so in mindestens vier Fällen Wohnungsbau in den Schutzzonen gestattet. Gefordert wurde ein generelles Bau- und Versieglungsverbot in den sensiblen Wassergewinnungsarealen. Hartwig Berger: „Wenn man eine strikte Wasserschutzpolitik machen wollte, müßten auch sämtliche Straßen gesperrt werden, die da durchführen. Vielleicht bin ich schon so realpolitisch angekränkelt, daß ich mich das zu fordern nicht traue.“ thok