■ Mit dem Stauprojekt auf du und du
: Wäßriges EG-Gemüse

Mesolongion (AP/taz) – In Griechenland haben sich mehr als 60 Umwelt- und Tierschutzorganisationen zusammengetan, um ein Staudammprojekt am Fluß Acheloos zu verhindern. Mit EG-Geld will die griechische Regierung diesen Fluß umleiten und kanalisieren, um die Thessalia-Ebene zu bewässern, und außerdem vier Staudämme mit Kraftwerken zur Stromgewinnung errichten. Nach Ansicht der NaturschützerInnen würde das Bauwerk eines der wichtigsten Feuchtgebiete im Mittelmeerraum zerstören.

„Das Feuchtbiotop von Mesolongion ist eines der größten in Europa“, sagt Vasilis Katsoupas, ein Sprecher des Weltnaturfonds. Das Gebiet liegt etwa 130 Kilometer westlich von Athen und ist Nistplatz einiger der seltensten Vögel der Welt, von denen viele durch internationale Konventionen geschützt sind. Die griechische Regierung hält dagegen, daß das 900 Milliarden Drachmen (rund sieben Milliarden Mark) teure Projekt 380.000 Hektar in der Thessalia-Ebene bewässern würde, in der Getreide, Tabak, Baumwolle, Zuckerrüben und Mais angebaut werden. Außerdem könnten so einige Städte besser mit Trinkwasser versorgt und Strom gewonnen werden.

Die politischen Parteien und die meisten Bewohner Thessaliens befürworten das Vorhaben. Es werde den Grundwasserspiegel heben und die landwirtschaftliche Produktion steigern, meinen sie.

Die UmweltschützerInnen sehen dagegen das Ziel der Gemeinschaft torpediert, die Agrarsubventionen und die Überproduktion in der Landwirtschaft zu vermindern. „Es ergibt keinen Sinn, EG-Mittel für höhere Ernten auszugeben“, sagt Alister Gammell von der Königlichen Vogelschutzgesellschaft RSPB in Großbritannien. Er verwies darauf, daß in den Feuchtgebieten während des Winters über 100.000 Wasservögel nisteten, darunter Arten, von denen es nur noch weniger als 100 Stück gebe.

Nach den Protesten der Umweltschützer haben die griechischen Regierungen den Landwirten der Region in den vergangenen Jahren stillschweigend die Trockenlegung des Feuchtgebiets erlaubt, den Bau von Ferienhäusern im Schutzgebiet geduldet und nichts gegen illegales Jagen getan. „Es ist schwierig, das Projekt aufzuhalten. Eine ganze Generation ist in Thessalien damit aufgewachsen und wartet auf die Verwirklichung“, sagt Kostas Vassilakis von der Hellenischen Ornithologischen Gesellschaft.

Kritik kommt jedoch nicht nur von Umweltschützern. In Mesochorion, 150 Kilometer nördlich von Mesolongion, drohen über 100 EinwohnerInnen damit, ihre Heimat nicht zu verlassen, auch wenn das Wasser eines der vorgesehenen Staubecken nach der Fertigstellung des halbfertigen Dammes ihr Bergdorf überfluten sollte.

Nach Ansicht von Niki Oikonomou-Evanghelides verschandelt der Staudamm eine der landschaftlich schönsten Gegenden Griechenlands. „Ich wehre mich dagegen, daß die EG einerseits Umweltprojekte unterstützt, aber andererseits Vorhaben finanziert, mit der die Natur wieder zerstört wird.“