»Die Partei der Toten«

Eine Ausstellung auf Kampnagel zeigt Stellungnahmen zu Krieg und Zerstörung im  ■ ehemaligen Jugoslawien

„Zum Beispiel Dubrovnik“ heißt die Ausstellung in der Kampnagel- Halle 3. Oder „Die Partei der Toten“ oder auch „Gefrorene Bilder“. Auf einen einzigen, einheitlichen Titel sei bewußt verzichtet worden, sagt Rita Baukrowitz, Organisatorin dieser Ausstellung, die das Kunsthaus Hamburg mit finanzieller Unterstützung einer ganzen Reihe privater Sponsoren realisiert hat. Beteiligt sind zehn, in Zagreb, Berlin, Düsseldorf und Hamburg lebende Künstlerinnen und Künstler. „Die Desaster des Krieges“, auch so könnte der Titel lauten, doch die Ausstellung dieses Namens ist in der Kunsthalle zu sehen.

Zum Beispiel Dubrovnik also: Jadranko Rebec empfängt den Besucher im Eingangsraum der Halle mit einem „Wald“ aus karstigen, geschwärzten Hölzern, die mit postkartengroßen Landschaftsbildern behängt sind. Seine Installation In Memoriam Arboretum Trsteno ist Erinnerung und Mahnmal zugleich für einen hunderte von Jahre alten Park nahe Dubrovnik, den der Krieg in Asche gelegt hat. Auch Tonći Cenić erinnert, verzichtet dabei aber auf jede Abstraktion: Die seit dem Ausbruch des Krieges im ehemaligen Jugoslawien in Todesanzeigen veröffentlichten Gesichter hat er auf Papier neben- und untereinander porträtiert, seine Nachrichten genannten Bilder bedürfen keines Kommentars.

Seine eigene „Reflexion über die Wahrnehmung von Nachrichten“ betreibt Jaakov Blumas, geboren in Wilnius, der seit zehn Jahren in Hamburg lebt. Das „Entsetzen“ über die Gewohnheit, „Bilder von Hungrigen und Toten“ via Fernsehschirm „zu konsumieren“ hat er in verschiedenen Koordinaten thematisiert: Überdimensionale „Tortenstücke“ aus Holz hängen an der rosa gestrichenen Wand, der Fußboden davor ist mit einem fortlaufenden „Muster“ bedruckt: Die Aufnahme vom ersten „Todesschützen“-Opfer an der deutsch- deutschen Grenze, 1963.

Das „gefrorene Bild“ ist Teil der Installation von Sanja Iveković aus Zagreb: Die Umrisse von zwei Frauenkörpern, die sie per Diaprojektion und mit rotem Wollfaden in einen großen Trockeneis-Block integriert, verschwinden mit dessen allmählicher Auflösung. Ihre Arbeit sei eine sehr persönliche Stellungnahme zur „Aggression am weiblichen Körper in diesem Krieg“.

Im Zentrum der Ausstellungshalle steht die Bildarchitektur (oder Architekturbild?) von Vlado Kristl: Seine von zahlreichen Rahmen gestützten Bild-Ensemble

1(vielleicht stützen die Bilder jedoch auch ihre Rahmen) heißt „Die Raben und die Nichtraben“ oder auch „die auswendige und die nicht auswendige Malerei“. Vlado Kristls Ausstellungsbeitrag ist - wie alle

1anderen auch - käuflich zu erwerben. Der Erlös der gesamten Ausstellung soll humanitären Hilfsaktionen wie dem Projekt „Dörfer für bosnische Flüchtlinge“ vom Komitee Cap Anamur zugute kom-

1men. Für 14 Millionen Mark bietet Vlado Kristl seine Arbeit an, das sind zwei Millionen weniger, als ein Panzer kostet.

mb

bis 3.1. 1993, Di.-So. 14-19 Uhr