Erste Anklage im Polengate-Skandal

Dubiose Geschäfte des Staates mit westlichen Finanzhaien: FOZZ-Schuldenfonds fehlen 80 Millionen Dollar  ■ Aus Warschau Klaus Bachmann

Dino Matingas, Direktor und Besitzer einer Kette nordamerikanischer Immobilienfirmen mit Sitz in Chicago, ist zur Zeit für die Presse nicht zu sprechen. Polens Regierung in Gestalt von Hironym Nowaczyk, Liquidator des Polnischen Schuldenfonds FOZZ, hat ihn auf Rückerstattung von 15,5 Millionen Dollar verklagt. Die soll Matingas in trauter Zusammenarbeit mit dem seit über einem Jahr in polnischer Haft sitzenden Ex-FOZZ-Direktor Grzegorz Zemek veruntreut haben. Statt insgeheim polnische Schuldentitel unter Preis zurückzukaufen, sollen Zemek und Matingas die dafür bestimmten Staatsgelder überall in der Welt verpulvert haben.

Die Klage in Illinois ist das erste Verfahren, das Polens Regierung angestrengt hat, um einen Teil jener rund 80 Millionen Dollar zurückzubekommen, die durch den FOZZ- Skandal verschwanden. Weitere Prozesse sind fällig. Schon jetzt überziehen sich Nowaczyk und mehrere andere ausländische Firmen gegenseitig mit gigantischen Schadenersatzforderungen. Für versprochene, aber nie gewährte FOZZ- Kredite fordert Matingas 43 Millionen Dollar Schadenersatz; die gleiche Rechnung macht auch die amerikanische Fischzüchterfirma ATL auf, deren Anteilseigner ihre Ansprüche auf sage und schreibe 600 Millionen Dollar bezifferten. Das ließ Polens Finanzministerium bisher allerdings kalt. Keiner der angeblich Geschädigten hat bisher nämlich den Gang zum Kadi angetreten.

Das Schema, das dem Chaos zugrunde liegt, war immer das gleiche: FOZZ gab unter seinem inzwischen verhafteten Chef Grzegorz Zemek vor, ausländische Investitionen in Polen zu kreditieren und Joint-ventures zu fördern. Pläne wurden geschmiedet, Verträge aufgesetzt, und die Kredite flossen reichlich. Dann ging der ausländische Partner plötzlich in Konkurs, und das Geld verschwand. Bereits zwei Geschäftsführer dieser Bankrottfirmen sitzen inzwischen in der Schweiz und in Frankreich wegen betrügerischen Bankrotts und ähnlicher Delikte hinter Gittern. Und so wie ATL in Masuren eine supermoderne Fischzuchtfarm aufziehen sollte, hatten Dino Matingas und sein krakenartiges Chicagoer Firmengebilde einen Vertrag über den Bau von Einfamilienheimen in der Hand. Der Vertrag sicherte Matingas insgesamt 12 Millionen Dollar an polnischen Krediten zu, verpflichtete ihn allerdings nur zum Bau von sieben Häuschen. Fällig war das Geld bereits vor Baubeginn. Unterzeichnet hat den Vertrag „im Namen der polnischen Regierung“ eine winzige polnische Briefkastenfirma namens „Beepol- Aruba“, die von Zemek kurz zuvor erst gegründet worden war, nachdem man ihn wegen seiner undurchsichtigen Geschäfte bei FOZZ an die Luft gesetzt hatte. Da das auch einem mit allen Wassern gewaschenen Immobilienmakler aus Chicago seltsam vorkommen mußte, war dem Ganzen ein Begleitbrief beigefügt. Darin versicherte Polens damaliger Bauminister Adam Glapinski Matingas seine umfassende Unterstützung für das Projekt zu. Trotz des ministeriellen Segens hat bis heute allerdings keines der Häuschen das Licht der Welt erblickt. Der Brief des Ministers dagegen könnte nun fatale Auswirkungen zeitigen. Der Anklage, im Bunde mit Zemek Geld veruntreut zu haben, kann Matingas entgegensetzen, zumindest einige seiner unkonventionellen Transaktionen mit ministeriellem Segen abgewickelt zu haben. In der Klageschrift Nowaczyks ist denn von den kuriosen Dokumenten auch nicht die Rede, obwohl die Staatsanwaltschaft sie bereits vor einem Jahr in den Warschauer Beepol-Aruba Büros fand. Der Firma müssen die Ermittlungen in Sachen FOZZ offenbar sehr zugesetzt haben: Sie befindet sich zur Zeit in Auflösung. Das ist auch das größte Problem für Liquidator Nowaczyk: Sobald er glaubt, etwas gefunden zu haben, löst es sich wieder auf.