KOMMENTARE
: Organisierte Umweltkriminalität

■ Nicht Töpfer, Krause macht die deutsche Klimapolitik

Kohl hat mit Bedacht gehandelt, als er in Rio nur lauwarme Erklärungen von sich gab. Und auch, daß er das Geld beisammenhält, hat Verstand. Denn zu Hause baut Krause Straßen. Und dazu braucht der Betonkopf, dem Kohl das Verkehrsressort ausgeliefert hat, Geld und nochmals Geld. 250 Milliarden harte Westmark für 11.600 Kilometer deutsche Pisten bis zum Jahr 2010. Logisch, daß man da mit jedem Pfennig für Alibiveranstaltungen in den Regenwäldern rechnen muß.

Vergeßt also Rio und wendet euch dem deutschen Bundesverkehrswegeplan zu! Mitte Juli soll er im Kabinett verabschiedet werden. Zugegeben, das Werk ist nicht so ergreifend wie Töpfers Ringen um ein bißchen Luft für Mutter Erde. Doch es ist hochbrisant. Denn nicht Töpfer, Krause macht die deutsche Klimapolitik. Und er macht sie nicht unterm Zuckerhut, sondern am Rhein. Im Rio-Jahr stellt der deutsche Verkehrsminister das größte Straßenbauprogramm der Nachkriegsgeschichte vor. Dieser Mann verdient unsere ganze Aufmerksamkeit. Zum einen, weil ihm das Klima egal ist. Zum anderen, weil er begriffen hat, daß es höchste Eisenbahn wird für seine Straßen. Was er in den nächsten fünf Jahren nicht durchzieht, dürfte später gar nicht mehr machbar sein.

Noch rührt sich gegen des Autoministers Betonierungsabsichten im Osten Deutschlands nicht der geringste Widerstand. Die Vorstellungskraft reicht nicht aus, um die lärmende Ödnis vorwegzunehmen, die über ein Land hereinbricht, wenn es mit Straßen zugepflastert wird. Noch fiebern Millionen von Neu-AutobesitzerInnen den geplanten Pisten entgegen, erhoffen sich Entlastung für ihre Alleen und ihre Innenstädte. Von Verkehrswende keine Rede. Das will und wird Krause ausnutzen.

Aber 7.800 Kilometer Straßen sollen allein in den alten Bundesländern aus- und neugebaut werden! Jeder einzelne Kilometer ist heute organisierte Umweltkriminalität. Es gilt zu klagen, zu blockieren, zu verzögern. Die Zeit arbeitet gegen eine Verkehrspolitik, die sich darin erschöpft, Steuergelder in Beton zu verwandeln. Straßen auf dem Papier kann man noch verhindern. Sterbende Bäume kann man nur noch fällen. Bettina Markmeyer