Berlin — Stadt ohne Wasser

■ Berlin-Brandenburg will Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung koordinieren/ Anreize zum Wassersparen bisher lückenhaft

Berlin. Wenn alles so weiterläuft wie bisher, dann würden die BerlinerInnen eines schönen Sommertages im Jahre 2000 auf dem trockenen sitzen. Die rund 1.000 Trinkwasserbrunnen Gesamt-Berlins mit ihren 1,9 Millionen Kubikmetern Spitzenkapazität reichen für die wachsende Großstadt nicht mehr aus. Bei Planungszeiten von rund zehn Jahren für neue Wasserwerke muß bald mit neuen Projekten begonnen oder das Wassersparen geübt werden.

Mit einer neuen Arbeitsgemeinschaft Berlin-Brandenburg wollen die Wasserver- und -entsorger den Problemen in der Region begegnen, hieß es gestern auf einer Pressekonferenz der Berliner Wasserbetriebe (BWB). Alleingänge der einzelnen Länder und Bezirke sind nicht mehr gefragt: So könnte West-Berlin in Zukunft Trinkwasser aus dem Umland beziehen und dafür bei der Klärschlammentsorgung der Ost-Kläranlagen mithelfen. Auch den Anschluß grenznaher Gemeinden an das Westberliner Fäkaliennetz hält die BWB für möglich. Künftig will die Arbeitsgemeinschaft die Arbeiten der einzelnen Betriebe koordinieren und beim Know-how-Transfer helfen.

Die größten Einsparmöglichkeiten bei Trinkwasser sehen die Wasserwerker Ost-Berlins und des Umlandes in der Industrie. Aber auch in den privaten Haushalten, die rund die Hälfte des Wassers verbrauchen, kann gespart werden. Als Anreiz werden jetzt Wasserzähler in den Häusern angebracht. Die Wasserkosten werden dann nicht mehr pauschal, sondern pro Haus nach dem realen Verbrauch abgerechnet. Den Hauseigentümern wird empfohlen, auf eigene beziehungsweise auf Kosten der Mieter Wasserzähler in den einzelnen Wohnungen anzubringen, denn die Wasserwerker sehen sich aus »technischen Gründen« nicht in der Lage, diese Installationen vorzunehmen. Dann erst muß der Mieter den eigenen Verbrauch bezahlen und kann sich nicht das Duschen dreimal täglich vom Nachbarn finanzieren lassen.

Daß sich Wassersparen in Zukunft auch finanziell lohnt, zeigen die angestrebten Tarife. Bisher wurden zum Beispiel in Frankfurt/Oder durchschnittlich 30 Pfennig pro Kubikmeter gezahlt — rund 1,20 D- Mark zahlte der Staat als Subvention drauf. Wenn diese Subventionen — wie im Staatsvertrag festgelegt — zum 1.1.91 wegfallen, erhöht sich der Wasserpreis bis um das Fünffache. Auch in West-Berlin soll das Wasser teurer werden: Zum 1.7.91 will die BWB die Preise von 1,36 auf 1,47 pro Kubikmeter anheben.

Um langfristig den Anstieg der Wasserpreise zu begrenzen, sehen Fachleute nur eine Möglichkeit: die Spree und damit auch der Müggelsee müssen wieder so sauber werden, daß die Trinkwasseraufbereitung nur geringe Kosten verursacht. Dazu müssen die vorhandenen Klärwerke verbessert und neue gebaut werden. Rochus Görgen