Am Ende der Oberleitungen

■ Reichsbahn testete neue Diesellok des Krupp-Konzerns und der Maschinenbau Kiel/ Reichsbahner begeistert/ Anschaffung noch ungewiß

Friedrichshain. Manche Loks wollte die Deutsche Reichsbahn nicht mal geschenkt haben. Denn: Dreiviertel der Betriebskosten gehen für den Energieverbrauch drauf. Zehn Prozent Verbrauch mehr oder weniger zählen da mehr als der Anschaffungspreis. Gestern stellten die Reichsbahn und die Firma Krupp MaK im Güterbahnhof des Ostteils der Stadt eine neue Diesellok vor: die DE 1024.

Vier Wochen lief die 120-Tonnen-Lok zur Probe auf den Strecken der Reichsbahn — und die Reichsbahner sind begeistert. Rund 25 Prozent weniger Dieselverbrauch und Leistungen, die sonst nur von zwei gekoppelten Triebwagen erbracht werden konnten. Die Allround-Lok wurde für Güter- und Personenzüge eingesetzt, unter anderem auch auf der künftigen Intercity-Strecke Berlin-Helmstedt. Spitzengeschwindigkeiten von 160 km/h sollen dann möglich sein.

Ob der neue Stolz der Reichsbahner und der Entwickler in Kiel aber jemals auf deutschen Schienen über den Probeeinsatz hinauskommen wird, ist fraglich. Sinkender Schienenverkehr und die zunehmende Elektrifizierung der Reichsbahnstrecken sprechen dagegen. Andererseits müssen in den nächsten Jahren zunehmend alte Loks verschrottet werden, da die mit dreißig bis vierzig Jahren angegebene Betriebszeit der Nachkriegsgeneration erreicht wird. Jährlich müßten danach gesamtdeutsch 20 bis 25 Loks ausgetauscht werden. Aber vor Entscheidungen über den Ankauf wollen Reichsbahn und Bundesbahn sich absprechen und künftig den gemeinsamen Bestand auch gemeinsam und unabhängig der Territoriumsgrenzen nutzen.

Krupp sieht allerdings auch noch Chancen im Export, zum Beispiel nach Afrika. Durch den fahrplanmäßigen Probelauf bei der Reichsbahn und dem Langzeittest bei der Bundesbahn werden Referenzen für das 6,5-Millionen-Mark-Fahrzeug gesammelt, hofft deren Geschäftsführer Manfred Link. Krupp stellte der Reichsbahn den Prototypen für vier Wochen kostenlos zu Verfügung. Rochus Görgen