Ostpatienten müssen zuzahlen

■ Ehemalige DDR-Bürger müssen bei Westärzten teilweise selbst in die Tasche greifen/ »Schutz für Ärzte im Berliner Osten«/ Kassenärztliche Vereinigung ab 1991 für Gesamt-Berlin zuständig

Charlottenburg. In der medizinischen Versorgung wird es weiterhin Unterschiede für Ost- und Westberliner geben. Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin stellte gestern auf einer Pressekonferenz im Ärztehaus die neuen Regelungen vor. Damit solle die Verunsicherung der Patienten abgebaut werden, so der Vorsitzende, Dr. Manfred Richter-Reichhelm. Keine Probleme hat der Patient aus dem Westteil Berlins: Er kann sich nach Belieben aussuchen, ob er zum Beispiel zu einem Arzt in Kreuzberg oder Friedrichshain geht. Mit seinem Krankenschein werden dem behandelnden Arzt grundsätzlich die im Westen üblichen Gebührensätze erstattet.

Anders sieht es jedoch für ehemalige DDR-Bürger aus, die sich im Westen ambulant behandeln lassen wollen. Bei ihnen kann der Westarzt eine Zuzahlung von rund einem Drittel der Behandlungskosten verlangen, weil die ehemaligen DDR-Sozialversicherungen nur zwei Drittel des Gebührensatzes zahlen. Kann oder will der Ostbürger nicht aus der eigenen Tasche zahlen, darf der Arzt die Behandlung sogar ablehnen. Nur bei akuten Krankheiten, oder wenn die Behandlung ausschließlich im Westen möglich ist, gilt dieses Verfahren nicht.

Sinn der Regelung sei der »Schutz der Kollegen im Osten«, hieß es auf der Pressekonferenz. Durch die Zuzahlungen solle verhindert werden, daß die Ostberliner Ärzte bald ohne Patienten dastehen. Ab Januar 1991 werden sich die Zuzahlungssätze zugunsten der Ostpatienten verringern, konkrete Zahlen stehen jedoch noch nicht fest. Richter-Reichhelm betonte jedoch, daß die Westärzte auch freiwillig auf die Zuzahlung ihrer Patienten verzichten könnten. Denn bei diesem Verfahren würden die Westärzte bei Ostlern mehr verdienen als bei Westlern: Denn auch die Westberliner AOK zahlt nur rund 75 Prozent des Gebührensatzes.

Ab 1991 wird die Kassenärztliche Vereinigung Berlin für die Abrechnung der ambulanten ärztlichen Versorgung in Gesamt-Berlin zuständig sein. Eine entsprechende Satzungsänderung soll sichern, daß durch eine Nachwahl auch rund 25 Ostberliner Ärzte in die Vertretung der Kassenärztlichen Vereinigung gewählt werden. Dies werde aus organisatorischen Gründen jedoch erst im April oder Mai möglich sein, so Richter- Reichhelm. Rochus Görgen