Das schnelle Geld mit der Beratung

■ Bei Tagesgehältern von 1.500 bis 3.000 Mark versuchen sich viele BRDler als Unternehmensberater in der DDR / Westberliner Unternehmensberater warnen vor schwarzen Schafen in ihrer Branche

Berlin. 50 Prozent des Unternehmens und den Geschäftsführerposten - für diesen Preis wollte ein Unternehmensberater einen DDR-Betrieb sanieren. Solche unseriöse Fälle sind dem Bund Deutscher Unternehmensberater e.V. (BDU) seit der Wende in der DDR häufiger bekannt geworden. Auf einer Pressekonferenz warnte der BDU gestern vor den Schwarzen Schafen im Beratungsgeschäft.

„Wir stellen fest, daß man dort alles glaubt, was jemand aus dem Westen sagt“, sagte Remi Redley. Das nutzen viele im Westen erfolglose Unternehmensberater jetzt aus, um die schnelle Mark zu machen. Davon sind besonders mittelgroße Betriebe betroffen. Da der Begriff „Unternehmensberater“ nicht geschützt ist, kann sich jeder diesen Titel auf die Visitenkarte setzen lassen. Dagegen sind Unternehmensberater mit BDU-Mitgliedschaft, so war auf der Pressekonferenz zu vernehmen, seriöser: die Mitgliedschaft erhalte nur, wer unter anderem bereits drei Jahre selbständig war und Referenzen vorweisen kann. Der BDU rät den Interessenten, sich zunächst über die Qualität eines Unternehmensberaters bei IHK und Banken zu informieren.

Unternehmensberater mit DDR-Staatsbürgerschaft sind noch selten: der BDU schätzt ihre Zahl auf „ein paar Hundert“, in der BRD sind rund 51.000 Unternehmensberater tätig. Chancen für DDR-Unternehmensberater sieht der BDU vor allem in der Zusammenarbeit mit West-Beratungsgruppen. Denn häufig würden ehemalige DDR-Führungskräfte zwar fundierte technische Kenntnisse besitzen, doch bei Einkauf, Vertrieb und internationalen Märkten fehle das Wissen und die Erfahrung.

Aufgrund der Erfahrungen bei den Beratungen vermutet der BDU, daß in den nächsten Monaten rund ein Drittel der DDR -Unternehmen pleite geht. Häufig würden Waren auf Halde produziert, für die es wegen der besseren und preiswerteren BRD-Produkte keinen Markt mehr gibt. Viele Unternehmen „warten auf den Märchenprinz, der hilft“, so Dr. Wolfgang Finkbeiner. Doch das sind die Unternehmensberater nicht.

Durch die Konkurse würden jedoch neue Firmen entstehen: Schon heute fehlen in der DDR Gewerberäume, durch die Pleiten können dann neue Firmen in die bestehenden Räume einziehen. Arbeitslosigkeit wird es so zumindest nicht bei den Beratern geben.

Bei Tagesgehältern zwischen 1.500 und 3.000 Mark machten die BRD-Unternehmensberater letztes Jahr einen Umsatz von insgesamt zehn Mrd DM. Ein-Mann-Betrieben und Existenzgründern kann der BDU keinen Unternehmensberater empfehlen: die Kosten für die Beratung würden den möglichen Gewinn mehrerer Jahre verzehren. Diesen Personen vermittelt der BDU dann Seminare, die etwas preiswerter sind.

Rochus Görgen