Der Mauerstreifen wird zur Velostrecke

■ Zwar ist es noch nicht offiziell, doch seit dem Wochenende weisen Radfahrerzeichen den Mauerstreifen in Neukölln als Radweg aus / Treptows Bezirksbürgermeister Brückner hat noch Bedenken wegen der Verkehrssicherheit

Neukölln. Radweg, Wohnungen, Straßen oder gar Autobahn noch ist nicht entschieden, was aus dem Mauerstreifen in Neukölln werden soll. Für die Mitglieder des ADFC Neukölln ist die Sache klar: Am Wochenende deklarierten sie den Weg zwischen den beiden Mauern als Radweg und malten Radfahrerzeichen auf den Asphalt. Fußgänger beschwerten sich, Treptows Bürgermeister ließ Bedenken äußern - doch faktisch ist schon seit mehreren Wochen klar, wie der ehemalige Todesstreifen von Neuköllnern und anderen genutzt wird: als Schnellradverbindung zwischen Neukölln/Rudow und Mitte/Kreuzberg.

Rund 10 ADFC-Mitglieder zeichneten alle 100 Meter zwischen Kiefholzstraße und Lohmühlenplatz das Fahrradzeichen auf den Asphalt. Am Lohmühlenplatz wurde symbolisch ein Blumenkasten halb auf die Fahrbahn gestellt, um Autofahrer von dem Mauerstreifen abzuhalten. „Es bietet sich die Chance“, so ADFC-Sprecher Armin Sauer, „hier eine anständige Velo-Route zu machen“.

Wer früher von Neukölln aus mit dem Rad in den Norden wollte, mußte entweder über Kopfsteinpflaster oder über den verkehrschaosträchtigen Hermannplatz radeln. Der asphaltierte und autofreie Mauerstreifen ist damit zur geschätzten Alternative geworden. Hier braucht man/frau kein Mountain-Bike, um holprige Kopfsteinpflasterstrecken zu bewältigen. Nur stellenweise, wo neue „Grenzübergänge“ eingerichtet wurden, hat man nicht an die Radler gedacht und Stufen im Asphalt hinterlassen. Ab und an blockieren auch parkende Autos die Radstrecke. Doch das wird von vielen RadfahrerInnen schon eher akzeptiert, als die stinkende Abgaskolonne auf der Strecke Sonnenallee - Kottbusser Damm.

Treptows Bezirksbürgermeister Michael Brückner (SPD) hat Bedenken gegen den Radweg. Die Verkehrssicherheit sei nicht gewährleistet, eine offizielle Deklaration als Radweg somit nicht möglich. Er schickte Hans-Werner Schmidt vom Tiefbauamt zu der Bemalungsaktion, um die Bedenken an den ADFC weiterzuleiten. „Verhindern“ wolle der Bezirksbürgermeister den Radweg aber nicht, so Schmidt - er selbst gab ein gutes Beispiel und kam per Rad über den Mauerstreifen. In spätestens 14 Tagen, so Schmidt, würden Schilder mit dem Text „Benutzung auf eigene Gefahr“ aufgestellt.

Während der Bemalungsaktion beschwerte sich ein Fußgänger über die Radfahrzeichen. Man solle besser Schilder aufstellen, daß keine Auto's über den Streifen fahren. Denn auch Fußgänger wollten den Mauerstreifen benutzen und den Weg nicht allein den Radfahrern überlassen. Allerdings dürfte der Streifen für Fußgänger und Radfahrer breit genug sein: der Asphaltweg für die Radler, der sich langsam entwickelnde Rasen daneben für die Fußgänger, meinte Armin Sauer.

Wie lange der Mauerstreifen noch als Radweg genutzt werden kann, ist offen. „Wir sind nicht unbedingt auf den Mauerstreifen festgelegt“, so Sauer. Man müsse das Abschnittweise betrachten. Doch biete sich hier eine Möglichkeit, einen guten Radweg mit einfachen Markierungszeichen und ohne teure Umbaumaßnahmen anzubieten.

Rochus Görgen