Postmodern mit „Platte“

■ Mit Bürgerbeteiligung und Fassadenkosmetik soll die neue Trabantenstadt bei Altglienicke menschenfreundlich gestaltet werden

Altglienicke. Neue „Platten„-Siedlungen in Ost-Berlin: Für eine Vollbremsung ist's zu spät, Kosmetik ist noch machbar. Unter solchen Vorzeichen befaßten sich gestern Baustadtrat Eckhard Kraft (SPD) und Bausenator Wagner (SPD) mit einer bereits begonnenen Trabantenstadt in Altglienicke im Süden Berlins. Durch intensive Beteiligung von Bürgern und Städteplaner aus beiden Stadtteilen soll die neue Großsiedlung in Altglienicke nun doch noch zu einer menschenwürdige Großsiedlung werden. Die SED-Pläne aus den Jahren 1988/89 werden zur Zeit neu gestaltet. Erste Ergebnisse des neuen Denkens liegen jetzt vor.

Da die Gebäude zum Teil schon fertig und 530 Wohnungen der für die nächsten zwei Jahre geplanten 6.000 Wohnungen bereits bezogen sind, bleibt den Planern nur noch geringer Spielraum. Dieser soll insbesondere für die Fassadengestaltung, die Schaffung von „Berliner Dächern“ anstatt der sonst üblichen Flachdächer und die Anlage von abwechslungsreichen Grünflächen genutzt werden.

Die jeweilige Wohnungsgröße soll den Westberliner Normen angepaßt werden, das heißt weniger, aber dafür größere Wohnungen. Zudem soll die Geschoßhöhe von bisher durchgängig elf Geschossen stark reduziert werden. Manche Gebäude sollen nur noch dreigeschossig erstellt werden.

Der Ostberliner Baustadtrat Eckehard Kraft betonte, daß die Ostarchitekten auch schon früher bessere Ideen gehabt hätten. Damals sei aber von den SED-Stellen der „industrielle Wohnungsbau“ im Einheitsstil bevorzugt worden. Aber auch zukünftig seien Großsiedlungen notwendig. Bei einem Rundgang über die Großbaustelle lassen sich bisher jedoch keine Unterschiede zu anderen berüchtigten DDR -Großsiedlungen feststellen. Bisher sieht die Baustelle noch monoton und trist aus. Dennoch ist Kraft optimistisch: „Mit den Plattenbauten kann man noch einiges bewegen.“

Inzwischen regt sich bei den Bürgern von Altglienicke der Widerstand gegen die Verkehrsanbindung der Großsiedlung. Nach den bisherigen Plänen soll eine neue neun Meter breite Straße durch den historischen Dorfkern gebaut werden. Dieser Straße würden 12 Betriebe und 24 Wohnungen zum Opfer fallen. Auch die Straßenbahnstrecke würde dann verkürzt. Eine Altglienicker Bürgerinitiative wehrt sich nun massiv gegen diese Pläne.

Rochus Görgen