Black Magic Milla

■ Der Joker mit dem entspannten Lebenswandel

Immer wenn Kameruns Präsident von einer Auslandsreise zurückkommt, hat die Nation zur Feier des Tages arbeitsfrei

-damit liegt Kamerun, was offizielle Feiertage betrifft, an der Weltspitze. Wenn der Präsident das nächste Mal heimkehrt, wird es mit einem freien Tag nicht getan sein denn mit ihm kehrt dann ein Mann zurück, der den gesamten afrikanischen Kontinent in Ekstase versetzt hat: Roger Milla, seit Samstag abend der Joker aller Joker in der Geschichte des Fußballs.

Im Alleingang schoß er die Rumänen fast zurück in die finstere Heimat, und zwei Milla-Soli gegen Kolumbien machten die Fußballträume sämtlicher Koks-Kartelle zunichte - ein Mittelstürmer, gegen den ein Ruudii tatsächlich wirkt wie Tante Käthe bei ihrem ersten Auftritt mit künstlichem Hüftgelenk. Daß Milla nebenbei dem kolumbianischen Libero -Keeper zeigte, wer der wahre Paradiesvogel der Kickerwelt ist, verdient nur eine Randbemerkung, die entscheidende Frage ist: Wie macht der Kerl das? Millas eigene Antwort „weil meine zwei Kinder am Fernsehen zuschauen“, kann da nur halb befriedigen, auch daß der Präsident und seine Frau ihn gedrängt haben, nochmal anzutreten, reicht zur Erklärung nicht hin.

Die phänomenale Durchschlagskraft des schwarzen Bombers - 5 Chancen, 4 Tore - muß mit seinem Lebenswandel zu tun haben: Seit Jahren lebt er auf der Insel Reunion, wo man lieber Gras raucht, statt den Rasen zu pflügen, kickt spaßeshalber in einer Kneipenmannschaft und läßt den lieben Fußballgott einen guten Mann sein. Locker und entspannt - jenseits von Zwang, Ehrgeiz und sturem Willem - und gerade deswegen im entscheidenden Moment voll da - dies scheint das Erfolgsrezept zu sein, dem man offenbar erst als weiser Fußball-Senior auf die Schliche kommt.

Die Dynamik der jungen Hüpfer dieser WM jedenfalls sah alt aus gegen die Präsenz von Black Magic Milla.

Nichts drückt sein entspanntes Verhältnis zu den Dingen besser aus als der Jubel an der Eckfahne: Wo die teutonischen Panzer verkrampft die Fäuste recken, schwingt Milla locker und lasziv die Hüften. Mit allen Daumen drücken wir deshalb für ein Traumendspiel - Milla gegen Augenthaler

-Reggae gegen Naabtal Duo. Und wenn dem gestern abend die Holländer bereits einen Riegel vorgeschoben haben sollten um so besser: dann freuen wir uns eben auf Roger Millas heißen Tanz mit Ruud Gullit.

Mathias Bröckers