Grenzenloses „Postsparen“

■ Westdeutsche Gauner verdienen Geld, indem sie die billigen Postwege aus der DDR für Massensendungen nutzen / Bundespost und Post der DDR gleichermaßen geschädigt

Wie sich mit der angeschlagenen Situation in der DDR trotzdem noch Gewinne machen lassen, zeigen seit der Grenzöffnung einige Westberliner Unternehmen: Sie transportieren ihre Werbebriefe und Massendrucksachen in die DDR und schicken sie von dort aus wieder nach West-Berlin und in die BRD - frankiert mit 35 Pfennig Ost. Bei einem Umtauschkurs von von 1 zu 3 sind das gerade 12 Pfennig West.

Entsprechend einem Regierungsabkommen von 1976 und dem Weltpostvertrag ist diese Ausnutzung des Währungsgefälles, so Andreas Winkelmann von der Pressestelle Postwesen in Berlin-West, jedoch nicht legal. Dies gelte nicht nur zwischen der DDR und der BRD, sondern auch im internationalen Post- und Paketwesen. Der Absender müsse in der Regel ansässig sein, wo die Briefe auch aufgegeben werden. Ausnahmen gibt es lediglich bei Urlaubsgrüßen und ähnlichem. Aber wenn auf den Briefen kein Absender vermerkt ist, läßt sich dies kaum kontrollieren. Ende November, so Joachim Schmidt, Abteilungsleiter in der Bezirksdirektion Berlin-Ost, habe das Ministerium die Postämter angewiesen, derartige Massendrucksachen nicht mehr anzunehmen. Und weil in Ost-Berlin alle Briefkästen zentral zusammengebracht und kontrolliert werden, seien auch so keine illegalen Profite möglich. Doch der taz liegt ein Werbungsschreiben eines Westberliner Softwareunternehmens vor, das zeigt, daß der West-Ost-West-Briefverkehr weiterhin floriert. Und nicht nur Briefe versuchen West-Bürger über die DDR zu verschicken. In einem Fall versuchte jemand, 20 Pakete bei einem Postamt aufzugeben. Dies wurde jedoch abgelehnt.

Den Hauptschaden, so Joachim Schmit, habe dabei die Bundespost, weil diese statt der normalen Gebühr nur einen Anteil an den 35 DDR-Pfennigen erhielte. Doch auch der Post der DDR schadet es, weil auch die West-Briefe Subventionen verzehren und die ohnehin überlastete DDR-Post noch mehr zu tun hat.

In den Fällen, wo die Transaktionen bekanntgeworden sind, werden die Briefe an den Absender zurückgeschickt. Theoretisch wäre es auch möglich, ein Nachporto in Höhe der Differenz zu verlangen. Dies wurde bisher jedoch noch nicht angewandt.

Rochus Görgen