Clevere Doppelstrategie

■ Die CSU testet Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit den Republikanern

Waigels Zweckoptimismus für die Zukunft seiner Partei kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich die traditionelle Regierungspartei im Freistaat Gedanken machen muß - und auch macht. Mit 14,6 Prozent für die REPs bei den Europawahlen im Freistaat wurde die CSU zum ersten Mal seit 1966 wieder unter die absolute Mehrheit gedrückt. Die „Analyse“, die Waigel der Öffentlichkeit jetzt anbietet, verdient diesen Begriff jedoch nicht. Er redet oberflächlich von „Protestwählern“, „Zukurzgekommenen“ und „Ewiggestrigen“. Mißt man Waigel und seine Parteifreunde an ihren Taten, haben sie aber sehr wohl die Zeichen der Zeit erkannt.

Die „Protestwähler“ sind so unpolitisch und richtungslos nicht. In Berlin und bei den Europawahlen haben sie schließlich für eine Partei mit dezidiert rechtsextremen Programm votiert. „Wir müssen den nationalkonservativen Wählern perspektivische Antworten liefern“, tönt denn auch Waigel - und handelt. Stichworte: Fortbestand des Deutschen Reiches, Grenze von 1937, Wiedervereinigung sowie nationale Identität und Souveränität in EG und Nato. Auch die Forderungen des bayerischen Innenministers Stoiber zur Verschärfung des Asylrechts und die personalpolitischen Entscheidungen in der CSU, Hardliner Spranger zum Bezirksvorsitzenden von Mittelfranken und Johnny Klein zum OB-Kandidat von München zu küren, und das Comeback von Scharfmacher Gauweiler haben nichts mit Bekämpfen der REPs zu tun. Schon bei den Landtagswahlen 1986 und den Europawahlen im Juni haben bayerische Sonderbehandlung für Flüchtlinge und polizeistaatliches Vorgehen z.B. in Sachen WAA den Aufstieg der REPs nicht bremsen können. Nicht bekämpfen, sondern das Terrain für eine zukünftige Zusammenarbeit zu bereiten, um damit die REPs langfristig aufzusaugen, ist daher die Losung der CSU.

Die Doppelstrategie ist clever: den für die Glaubwürdigkeit der Partei und die „liberalen Klientel notwendigen Part“, verbal auszugrenzen, übernehmen CSU-Generalsekretär Huber und Fraktionschef Glück, den Part „tatkräftig umarmen“ die CSU-Ministerriege im Bund und Land. Die Kommunalwahlen im Frühjahr 1990, bei denen es ja offiziell keine festen Koalitionen, sondern nur - so die CSU-Spitze wohlweislich eine „Zusammenarbeit zum Wohl der Gemeinde“ gibt, werden zum Testfall für die von der CSU anvisierten Kooperation mit den REPs.

Bernd Siegler