Ein Modell für Europa?

Zum Erfolg der Rechtsradikalen in Österreich  ■ G A S T K O M M E N T A R

Eine rechtsextreme Partei ist auf dem Weg zur zweitstärksten Partei in Österreich - eine sozialistische Partei vergißt ihre antifaschistische Tradition und verhandelt in einem Bundesland mit neuen und alten Nazis über die Regierungsbildung: In Kärnten wurde mit fast 30 Prozent die rechtsextreme FPÖ gewählt. Am gleichen Tag zieht die NPD in den Frankfurter Römer ein.

Ist Kärnten ein Sonderfall? Der unter österreichischen Bedingungen durchschlagende Erfolg einer modernisierten rechtsextremen Partei könnte zu einem Modell für Europa werden. FPÖ-Chef Jörg Haider steht für einen neuen Typus des antidemokratischen Führers. Er wird als „jung, ehrlich und agil“ gefeiert und als einziger „amerikanischer Politiker“ bezeichnet. Doch Haiders Erfolg ist nicht - wie man vermuten könnte - dadurch erkennbar, daß er sich als „fortschrittlich“ verkleidet und geschickt seinen reaktionären Kern verbergen würde.

Die neue rechte Synthese: Haider schafft es, „ewig gestrige“ Vorstellungen als Hoffnungen für die Zukunft zu verkaufen. Wenn er die „Beseitigung des roten Filzes“ fordert und dabei das Wort „Weltjudentum“ vermeidet, wissen seine antisemitischen Freunde genau, was gemeint ist. Und gleichzeitig wird er über das Ghetto der Altnazis hinaus wählbar. Mit seinem Populismus leistet er Integration, mit seinem Rechtsextremismus stiftet er Identität. Die FPÖ ist in einem zweiten grundsätzlicheren Sinn eine moderne rechtsextreme Partei. Sie profitiert von der kulturellen Krise der materiellen und sozialen Angst, die durch die dritte industrielle Revolution geschaffen wird. Die FPÖ wird von den neuentstandenen und wachsenden Wählergruppen gewählt: vom desorientierten Yuppie genauso wie vom entwurzelten Bergbauern.

Die Wertekrise in der Veränderungsdynamik des Industrialismus ist der Nährboden. Er kann sich durch das Fehlen einer demokratischen Rechten und das Versagen der Linken ideal entwickeln. In Kärnten gewann die FPÖ die meisten Wähler von der SPÖ. Kein Wunder - die SPÖ Kärntens integrierte seit 1945 neue und alte Nazis. Der FPÖ nachlaufend, macht sie schon seit über einem Jahrzehnt eine Politik gegen die Menschenrechte der slowenischen Minderheit. Kärnten kann überall sein. Obwohl Frankfurt weit weg liegt - Parallelen sind deutlich. Auch hier setzte die Regierungspartei CDU im Wahlkampf keine Grenze nach rechts. Auch hier fehlen die Antworten der Linken auf die „Informationsgesellschaft“. Was wäre in Frankfurt los, wenn

-statt antiquierter Altnazis - eine „jung-dynamische“ rechtsextreme Partei auftreten würde?

Walter Oswalt, Wien