Supermänner wollen gemeinsam auf den Mars

■ In Ermangelung von schlagzeilenträchtigen Abrüstungsergebnissen beschließen Gorbatschow und Reagan, das Projekt voranzutreiben / Ansonsten gab s vertrauensbildende Maßnahmen, ein bißchen Menschenr

Supermänner wollen gemeinsam auf den Mars

In Ermangelung von schlagzeilenträchtigen

Abrüstungsergebnissen beschließen Gorbatschow und Reagan,

das Projekt voranzutreiben / Ansonsten gab's

vertrauensbildende Maßnahmen, ein bißchen Menschenrechte und einen Schuß „Die Mauer muß weg“

Von Michael Fischer

Berlin (taz) - Die beiden Supermächte planen eine sowjetisch -amerikanische Mars-Mission. Während eines Spaziergangs auf dem Roten Platz kamen Reagan und Gorbatschow überein, das gemeinsame Projekt von ihren Experten vorantreiben zu lassen. Aus Unzufriedenheit mit dem Fortgang der Abrüstungsverhandlungen scheinen die beiden „Entspannungsfreunde“ den Kriegsgott auf seinem Heimatplaneten aufsuchen und gnädig stimmen zu wollen. Denn mehr als zwei Rüstungskontrollvereinbarungen, denen immerhin „vertrauenbildende“ Bedeutung beigemessen wird, haben sie auch am dritten Tag ihres vierten Gipfels nicht vorzuzeigen. Am Dienstag unterzeichneten die Außenminister Shultz und Schewardnadse ein Abkommen über die frühzeitige Bekanntmachung von Versuchen mit Interkontinentalraketen sowie über Maßnahmen zur Überwachung von Atomversuchen.

Die beiden Supermänner verpflichten sich damit, einander über den Zeitpunkt, den Ort und das Zielgebiet von Versuchen mit Langstreckenraketen mindestens 24 Stunden vor dem Versuchsstart zu unterrichten. Das war zwar bislang schon Praxis, wird aber durch den Vertrag institutionalisiert, der nur ein bescheidener Vorgriff auf das eigentliche Ziel ist, die Arsenale der atomaren Langstreckenraketen (START) um die Hälfte zu vermindern.

Allerdings will Reagan Gorbatschow erneut an die Berliner Mauer erinnert haben. Vor Studenten der Moskauer Staatsuniversität forderte er den Kreml auf, die „Schranken zu beseitigen, die die Menschen trennen“. Wie schon tags zuvor plädierte er auch dieses Mal wieder für Freiheit und Menschenrechte in der Sowjetunion. Zuvor war Reagan bei einem Essen mit sowjetischen Schriftstellern, Filmproduzenten, Künstlern und anderen Intelektuellen zusammengetroffen.

Inzwischen sind auch die Fraktionsführer beider Parteien im US-Senat, Byrd und Dole, nach Moskau gefahren. Sie wollen zugegen sein, wenn Gorbatschow und Reagan heute im Kreml feierlich die Ratifikationsurkunden des beim Washingtoner Gipfel im Dezember unterzeichneten INF-Abkommens austauschen. Byrd, der maßgeblich daran beteiligt war, daß der Senat das Abkommen schließlich noch ratifizierte, forderte Gorbatschow auf, statt der versprochenen 100.000 Bibeln 100 Millionen Exemplare für das Sowjet-Volk drucken zu lassen. Perestrojka auf amerikanisch.