Kraftwerk Buschhaus wieder giftiger

■ Die Rauchgasentschwefelungsanlage der heißumkämpften Kohlekraftwerks bei Helmstedt hat schlappgemacht / Nur noch 25 Prozent Leistung / Jetzt wird OfflebenI wieder höher gefahren

Berlin (taz) - Es giftet wieder giftiger: Die neue Rauchgasentschwefelungsanlage des Kohlekraftwerks Buschhaus bei Helmstedt funktioniert nicht, wie sie soll. Das jahrelang als „Dreckschleuder der Nation“ heißumkämpfte Kohlekraftwerk produziert neuerdings das Drei– bis Sechsfache der vom Hersteller bezeichneten Mengen an Sulfaten (Schwefelsäuresalzen). Diese Panne mit der erst vor sechs Monaten in Betrieb genommenen Entschwefelungsanlage teilte am Dienstag die Landesregierung mit. Der Betreiber der Anlage, das Braunschweigische Kohlebergwerk (BKB) habe die Stromerzeugung auf ein Viertel gedrosselt, um die Grenzwerte einzuhalten, hieß es weiter. Um dennoch die notwendige Stromkapazität zu erfüllen, wird nun das alte nur teilweise entschwefelte Kraftwerk Offleben I wieder höher gefahren. Daß es dadurch zur Nichteinhaltung des vereinbarten SO2 Ausstoßes von 35.000 Tonnen bis zum Juni nächsten Jahres kommen wird, ist eine bereits jetzt absehbare Folge der Panne. Wie aus ihrer Pressestelle zu erfahren war, gab die Landesregierung grünes Licht, den entsprechenden Stufenplan befristet auszusetzen. Der pikante Aspekt an dieser Panne ist, daß die BKB immerhin 360 Millionen Mark Subventionen dafür erhalten hat, daß sie die Entschwefelungsanlage vor dem Stichtag Mitte 1988 einbaute. Daß jetzt nach nur sechs Monaten Betrieb der hochbelohnten Anlage bereits derartige Mängel auftauchen und die Kapazität um 75 Prozent gedrosselt werden muß, ist immerhin beachtlich. Wie ein Sprecher des niedersächsischen Umweltministeriums erklärte, habe die Herstellerfirma ein vier– bis sechswöchiges Untersuchungsprogramm zugesagt, um den Fehler in der 400 Millionen Mark teuren Anlage zu beheben. Selbiger Sprecher gab zudem bekannt, der hohe Sulfatausstoß sei kein Umweltproblem, sondern eine chemische Reaktion, die in der Reinigungsanlage zustande komme und die Funktionsfähigkeit der Anlage verhindere. Zum Umweltproblem freilich wird die Panne dadurch, daß jetzt die alten Anlagen wieder mehr produzieren müssen. Der vereinbarte Stufenplan sah vor, von 120.000 Tonnen CO2–Ausstoß im Jahr der Inbetriebnahme von Buschhaus auf 35.000 Tonnen bis zum Jahr 1988 zu kommen. Jetzt muß mit bis zu 60.000 Tonnen CO2–Ausstoß gerechnet werden. Das umstrittene Kraftwerk bei Helmstedt war 1985 ans Netz gegangen, nachdem jahrelang seitens der Umweltbewegung versucht worden war, die Inbetriebnahme zu verhindern. dr