Kokain–Boß hinter Pinzner–Morden?

■ Spiegel: Mord an Staatsanwalt Bistry trägt Handschrift des Kokain–Bosses Lehder / Dessen Leibgarde stellte den Hamburger Unternehmer

Aus Hamburg Ute Scheub

Hamburg (taz) - Zu dem Mord an Staatsanwalt Wolfgang Bistry im Hamburger Polizeipräsidium vor einem Jahr schriebt der Spiegel in seiner heutigen Ausgabe: „Das ist eher die Handschrift von Carlos Lehder.“ Lehder ist einer der mächtigtsen Kokain–Bosse der Welt. Der Bericht des Nachrichtenmagazins stärkt den Verdacht, daß der sogenannte „St. Pauli–Killer“ Werner Pinzer massiv unter Druck gesetzt wurde, den Staatsanwalt und sich selbst zu erschießen, weil beide zuviel über die Kokain–Connection vom Hamburger Kiez bis nach Kolumbien wußten. Pinzer war vorher des Mordes an fünf Bordelliers beschuldigt worden, die alle ebenfalls ins Kokain–Geschäft verwickelt waren. Kolumbien war Haupteinkaufsland des deutschstämmigen Kokain–Königs Carlos Enrique Lehder Rivas, der seit Februar in einem US–Knast in Alabama einsitzt. Carlos Lehder kontrolliert nach Schätzung von Drogenfahndern achtzig Prozent des Kokain– Weltumsatzes, was ihm und seinen Leuten jährlich hundert Millionen Dollar einbringt. „300 Polizisten und 70 Richter hat er nach Ansicht der amerikanischen Ermittler ermorden lassen, weil sie versuchten, seine Geschäfte zu behindern“, schreibt der Spiegel. Die Leibgarde für Lehders jahrelange Residenz auf der Bahama– Insel Normans Cay organisierte ein Hamburger Bewachungsunternehmer. Der 36jhrige Hans–Jürgen Czybik betreibt in der Hamburger City eine „Industrie– und Privatdetektei“, die im Branchenbuch mit „Krisenberatung (Erpressung und Drohung“), „Industriespionage–Abwehr“ und „Gebäude– und Personenschutz“ wirbt. Außerdem bildet er in seiner „Protektor Fachschule für Industrie– und Wirtschaftssicherheit“, mitfinanziert durch die Bundeswehr, Zeitsoldaten als Werkschutzleute und Wachmänner aus. Der Bewachungsunternehmer stand auch noch in anderer geschäftlicher Verbindung mit dem Koks–Herrscher: dem Spiegel zufolge erschienen die beiden am 22. Mai 1979 gemeinsam vor einem Hamburger Notar, um die „International Dutch Resources Limited (Deutschland) GmbH“ zu gründen. War diese Firma die Geldwaschanlage für das auf dem Hamburger Kiez und anderswo massenhaft verdealte Kokain? Daß der jung–dynamische Sicherheitsunternehmer auch in die blutigen Geschäfte der Koks–Mafia verwickelt ist, glaubt der Zuhälter Günter „Bonny“ Bonnet, der unlängst zuerst vor der Polizei und dann in der Morgenpost auspackte. Unternehmer Czybik, der einem Gefangenen in der Haftanstalt Fuhlsbüttel des öfter besuchte, soll nach Aussagen des Zuhälters dabeigewesen sein, als dort einige St. Paulianer über Mordasschläge tuschelten. Das war noch zu Lebzeit von Werner Pinzner und Staatsanwalt Bistry.