V–Leute in Bayern

■ „Legitime Sicherheitsinteressen machen den Einsatz notwendig“

Nürnberg (taz) - „Bei den bisher erfolgten Anschlägen auf Strommasten ist die Erkenntnislage in der Tat sehr schlecht. Bezüglich des Eindringens, Anwerbens und Einschleusens von V–Leuten in entsprechende Kreise würde ich mich nicht so pessimistisch äußern.“ Dr. Günther Beckstein, Vorsitzender des Sicherheitsausschusses des Bayerischen Landtags und Nürnberger CSU–OB–Kandidat, weiß wovon er gegenüber der taz spricht. Dies mußten in letzter Zeit auch Mitglieder der Anti–AKW– Bewegung zur Kenntnis nehmen. Als ein WAA–Gegner wegen einer Straßenbarrikade, errichtet im Frühjahr auf den Zufahrtswegen zur WAA, vor Gericht stand, staunte er nicht schlecht, als sein damaliger Mitstreiter plötzlich in Uniform als Zeuge gegen ihn auftrat. Als Zivilbeamter war er damals im Taxöldener Forst im Einsatz und hatte zum Bau von Straßensperren aufgefordert. In Bruck wurden Anwerbeversuche bei zwei BI–Mitgliedern bekannt, am 31. Januar versuchten zwei Spitzel sich bei der Bürgerinitiative Altenschwand einzuschleichen. Bei der Versammlung zur Neugründung tauchten sie in einem Fahrzeug mit Münchener Kennzeichen im Gasthaus Lorenz in Altenschand auf und trugen sich - wie sich später heraustellte - unter falschem Namen und Adresse in die Anwesenheitsliste ein. Den Verdacht der BI– Mitglieder bestätigte schließlich Staatssekretär Rosenbauer in einer Landtagsanfrage. Er gab zu, daß diese Versammlung bespitzelt wurde, auch Polizeibeamte hätten das Recht daran teilzunehmen, es sei „sogar die Pflicht der Polizei, mögliche geplante Straftaten im Vorfeld aufzudecken“. Spektakuläres über den Einsatz von V–Männern in der Anti–WAA–Szene wurde erst nach den harten Pfingstauseinandersetzungen am Bauzaun bekannt. Bevor Manfred Scheffer, 28 Jahre alt, sich am 13. Juni den Behörden in München stellt, hatte er dem SPIEGEL zu Protokoll gegeben, daß er, angestiftet und bezahlt vom Verfassungsschutz, 1983 Brandanschläge verübt und eine Bombe im Justizgebäude an der Nymphenburgerstraße versteckt hatte. Ende Oktober 1985, kurz nach den Krawallen im Anschluß an die Münchener Großdemonstration gegen Atomanlagen, wurde Scheffer unter dem Decknamen „Donner“ auf den „Info–Laden“ im Münchener Stadtteil Haidhausen angesetzt, wenige Tage später erhielt er wieder einen neuen Auftrag. Er sollte sich in die Regensburger Bürgerinitiative gegen die WAA (BIWAK), eine der aktivsten in der Region, einschleichen und Erkenntnisse sammeln. „Legitime Sicherheitsinteressen des Staates machen die Zusammenarbeit nötigenfalls auch mit vorbestraften und zweifelhaften V–Leuten notwendig“, rechtfertigte der damalige bayerische Innenminister Hillermeier am 16. Juli im Anschluß an eine geheime Sicherheitsausschußsitzung im bayerischen Landtag den Einsatz von V–Leuten in der Region Schwandorf. Um genaue Details nicht an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen, hatte die CSU einen Bericht im öffentlichen Rechtsausschuß verweigert und die Angelegenheit zur Geheimsache erklärt. Bernd Siegler