Räumung in Hamburgs Hafenstraße

■ Sechs Wohnungen in ehemals besetzten Häusern der Hamburger Hafenstraße geräumt / Offizielle Begründung: Mietrückstände / Polizei warf Mobiliar zum Fenster hinaus / Spontane Protestaktion am Nachmittag

aus Hamburg Ute Scheub

Gestern morgen um 6.50 Uhr begann mit einem 650–Mann–Großaufgebot der Polizei in Hamburg–St. Pauli die Räumung von insgesamt 6 Wohnungen in den sechs ehemals besetzten Häusern der Hafenstr./Bernhard–Nocht– Straße. Begleitet von Polizeibeamten marschierte der Gerichtsvollzieher zuerst in das „Störtebeker–Zentrum“ genannte Haus in der Bernhard–Nocht–Str. 16, um die von den Amtsgerichten in den letzten Wochen erlassenen Räumungstitel durchzusetzen. Hintergrund dieser Zwangsräumungen ist ein schon lange schwelender Rechtsstreit zwischen den Bewohnern und der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SAGA, die die Häuser im Auftrag der Stadt verwaltet. Sie hat Einzelmietverträge mit den Bewohnern abgeschlossen, die zum Ende des Jahres auslaufen. Die SAGA, die wie der Senat die politisch ungeliebte Hafenstraße schon seit langem lieber gestern als heute geräumt hätte, weigerte sich, dringend nötige Instandsetzungsarbieten durchzuführen, obwohl sie rechtlich dazu verpflichet ist. Daraufhin stellten einige Bewohner ihre Mietzahlungen ein.Die jetzigen Zwangsräumungen beruhen in juristischer Hinsicht zum großen Teil auf diesen Mietrückständen. Hilflos beobachteten die aus den Festern lehnenden Bewohner und etwa 100 Sympathisanten, wie die SAGA–Bautruppe im Schlepptau des Gerichtsvollziehers die Fenster der mit Gerichtstitel versahen, Wohnungen öffneten und das gesamte Mobiliar hinunterwarfen.Lautsprecher, Öfen Herde, Kommoden und Baumaterial knallten auf die Straße. Auch vor der Zwangsräumung der Wohnungen in der Bernhard– Nocht–Str. 22 wurde den Mietern gerade fünf Minuten Zeit gegeben, ihre Sachen zusammenzupacken. Vorsorglich hatte Innensenator Pawelczyk, der mit diesem Einsatz so kurz vor den Bürgerschaftswahlen am 9. November wohl auch die Stimmen der Zucht– und Ordnungfanatiker für die SPD zurückgewinnen wollte, seine Polizeitruppen in die ganze Stadt zur Beobachtung der Szene ausschwärmen lassen. Während es an der Hafenstraße direkt bis Redaktionsschluß am Nachmittag ruhig blieb, mobilisierte unter anderem die GAL für eine Demo durch die Innenstadt ab 17 Uhr. Die Jusos wollten der Innenbehörde mit einer Feuerlöschen–Sprühaktion „einheizen“. Eine kleine Spontandemonstration von Sozialpädagogik–Schülern wurde schon gegen Mittag kurzzeitig von der Polizei „eingekesselt“.