Gute Gewinne ohne schlechtes Gewissen

Die Strombörse verbucht erstmals ein Plus – eine Manipulation des Strompreises kann der Vorstand nicht erkennen

LEIPZIG taz ■ Die Leipziger Strombörse EEX schreibt erstmals schwarze Zahlen. Im ersten Halbjahr 2005 erwirtschaftete die EEX ein Plus von rund 2 Millionen Euro, erklärte gestern der Vorstandsvorsitzende Hans Bernd Menzel stolz in Leipzig. Der Umsatz lag mit 10,85 Millionen Euro rund 30 Prozent über dem Vorjahreszeitraum. „Wir sind klar auf Wachstumskurs.“ Im letzten Jahr war ein Minus von 3 Millionen Euro aufgelaufen.

Die EEX war in den Verdacht geraten, die Großhandelsstrompreise zu manipulieren. Sie sind in den letzten Monaten über 30 Prozent gestiegen. Das hatten Industrie und Unternehmerverbände massiv kritisiert. Einen Zusammenhang zwischen den Preiserhöhungen und der guten Halbjahresbilanz der Börse streitet Menzel aber strikt ab: „Wir bekommen ein festes Entgelt pro Megawattstunde.“ Bei steigenden oder fallenden Preisen würde sich für die Einnahmen des Börse nichts ändern.

Die positive Bilanz erkläre sich allein durch das höhere Handelsvolumen – vor allem der Spotmarkt und der Terminhandel zogen an. So wurden auf dem Spotmarkt, der Strom für den sofortigen Verbrauch anbietet, 39,5 Terawattstunden (Twh) umgesetzt. Das entspreche der Leistung von 8 Atomkraftwerken und 15 Prozent des deutschen Stromverbrauchs, wie EEX-Finanzdirektorin Iris Weidinger ausführte. Auch das Terminmarkthandelsvolumen legte um 26 Prozent auf 238 TWh zu.

Neben Strom werden an der Leipziger Börse seit März auch die CO2-Emissionszertifikate gehandelt. Das Handelsvolumen steigerte sich von anfänglichen 109.000 auf bisher 498.100 Tonnen CO2, die die Besitzer der Zertifikate ausstoßen dürfen. Aber nicht nur die Menge der CO2-Zertifikate schoss in die Höhe, sondern auch ihr Preis. Der wiederum wirkt sich auch auf den Strompreis aus. „Die Wertsteigerung bei den CO2-Zertifikaten ist eine wichtige Einflusskomponente“, stellte Menzel fest. Erfahrungsgemäß gilt, dass sich der Strompreis um einen Euro erhöht, sobald der Preis der CO2-Zertifikate um 2 Euro steigt.

„Die Tendenz sind weiter steigende Strompreise“, prognostizierte Menzel. Die Strompreise starteten nach der Liberalisierung 1997 mit einem historischen Tiefpreis von 15 Euro pro Megawattstunde (Mwh), heute liegt der Preis bei über 40 Euro.

Die stromabhängige Industrie sieht diesen Höhenflug mit Sorge und bemängelt die mangelnde Transparenz an der Börse. EEX-Chef Menzel weist diese Kritik zurück: Der Handel befinde sich in einem „permanenten Prüfungsprozess“, um den Verdacht der Preistreiberei endlich aus dem Weg zu räumen. „Wir laden alle Kritiker ständig zu uns ein, damit sie mit uns über ihre Bedenken sprechen können“. Die Forderungen nach mehr Transparenz hätten kein „Substanzgehalt“. Ein Beispiel dafür sei die Forderung nach der Veröffentlichung der Kraftwerksausfalldaten. „Es gibt kein Gesetz, das diese Veröffentlichung vorschreibt“, erklärte Menzel. Die Daten seien außerdem im Internet verfügbar und gegen ein Entgelt abzurufen. Die Gegner argumentieren hingegen, die Publikation sei an anderen Börsen längst üblich.

SUSANNE GÖTZE