Bayerns SPD im Scharping-Dilemma

Von „Mehr als enttäuscht“ bis „Richtig“: So unterschiedlich reagieren die Genossen auf die Schließung der Kasernen

BERLIN taz ■ Die CSU hat es leicht. Der bayerischen Regierungspartei kommt der Zapfenstreich in bayerischen Kasernen, den Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) am Montag ankündigte, gerade recht. Eben noch gebeutelt von eigenen Skandalen, kann die CSU jetzt auf die „massive Benachteiligung“ schimpfen, die Scharping „aus Gegnerschaft zu Bayern“ plane: Von bundesweit 59 Standorten sollen 20 in Bayern dichtgemacht werden. Dagegen will die CSU „mit allen Mitteln“ kämpfen.

Für die bayerische SPD ist die Lage nicht so einfach. Schließlich muss auch sie ihre Stimmen in Bayern holen – bekanntlich schwer genug. Die Standortschließungen kommen ausgerechnet in einer Zeit, da Stoibers Regierung erstmals ins Taumeln gerät: „Sicher wäre der Effekt größer“, so SPD-Landeschef Wolfgang Hoderlein gestern zur taz, „wenn es die Bundeswehrreform nicht gäbe.“ Nun ist er erst einmal mit einer „Interessenkollission“ in den eigenen Reihen beschäftigt: Während die bayerischen SPD-Vertreter in Berlin Scharping verteidigen, jammern die SPD-Politiker in den Standortkommunen – ganz wie die CSU – über „Katastrophen“.

So spricht Memmingens SPD-OB Ivo Holzinger von einem „schwarzen Tag für die Stadt und die Region“. Von der Schließung des örtlichen Fliegerhorsts sei er erst „am Tag vorher unterrichtet“ worden. Die Region Schwaben werde durch die Reform klar benachteiligt, klagt Holzinger, von seinen Genossen ist er „mehr als enttäuscht“.

Verena Wohlleben, bayerische SPDlerin im Verteidigungsausschuss des Bundestages, weist die Kritik zurück: „Nun fangen alle an zu schreien, weil jeder alles behalten will.“ Die „richtige“ Entscheidung habe im Übrigen allein Rudolf Scharping getroffen, „das muss man dem Minister zugestehen“. Für Änderungen sieht Wohlleben nun leider „keinen Spielraum mehr“.

Landeschef Hoderlein versucht sich als Vermittler. Von einer pauschalen „Abstrafung Bayerns“ könne keine Rede sein, aber die Region Schwaben sei mit drei Standortschließungen „in der Tat benachteiligt“. Er hofft noch auf eine „sachliche Abwägung der Argumente“ in den Nachbesserungsverhandlungen mit Scharping. In seiner Not rief Hoderlein sogar CSU-Chef Stoiber zur „Zusammenarbeit“ auf, um „gemeinsam das Beste für die bayerischen Standorte herauszuholen“. LUKAS WALLRAFF