Studi-Wohnungsnot wissenschaftlich festgestellt

■ 460 Mark für ein Zimmer sind mittlerweile so normal wie ein Semester Wohnungssuche - AusländerInnen und Frauen müssen noch länger suchen Die Ansprüche gehen angesichts des Marktes gegen Null / Dennoch lehnen die meisten StudentInnen Notunterkünfte auch für den Übergang rigoros ab

Manchmal pfeifen's die Spatzen schon von den Dächern - und doch muß es noch wissenschaftlich „entdeckt“ werden: Über 25.000 Mark und die Finanzierung einer einjährigen Stelle für eine wissenschaftliche Mitarbeiterin hat die FU jetzt eine weitere Studie über die Wohnungsnot ihrer StudentInnen gekostet. Der Präsident der FU, Heckelmann, meinte dazu auf der Pressekonferenz: „Die FU hat nicht das Instrumentarium, der Wohnungsnot von Studenten etwas Wirksames entgegenzusetzen“, und die Politiker würden viel zuviel nur ankündigen.

Die Studie sollte da offenbar andere Wege gehen. Sie stellt zum Beispiel als besonderes Ergebnis fest, daß kein „Erstarken eines studentenspezifischen Wohnungsmarktes“ erkennbar sei, obwohl die Rendite bei „Studentennormalwohnungen groß und steigend“ und auch die „Zahlungsbereitschaft groß ist“.

Wenig Zustimmung finden Notmaßnahmen wie Wohncontainer und Turnhallen als Ausweg aus der Wohnungsnot: 20% der Befragten StudentInnen lehnten Wohncontainer, 60% Turnhallen als „kurzfristige“ Lösung ab. Auch Wohnheime seien nicht mehr im Trend: Die StudentInnen von heute wollten in „ganz normalen Wohnungen“ und nicht in „Studentenghettos“ wohnen, und auch WGs seien heute „out“ oder nur noch Notlösungen.

Besonderes Interesse zeigten die ProjektteilnehmerInnen an der Verteilung der StudentInnen der einzelnen Fachbereiche auf die einzelnen Stadtteile: Die Mediziner seien besonders häufig entlang der U-Bahn-Linie in Dahlem anzutreffen, Sozialwissenschaftler würden dagegen die „Szene-Bezirke“ wie Kreuzberg und Neukölln bevorzugen. Durchschnittlich ein Semester geht bei den Neu-StudentInnen für die Wohnungssuche verloren. Zirka 35 Prozent der StudentInnen suchen länger als drei Monate mit einer durchschnittlichen Intensität von zwanzig Stunden pro Woche. Frauen müssen in der Regel länger suchen als Männer; AusländerInnen doppelt so lange. Durchschnittliches Monatseinkommen der Befragten: 1.217 Mark; durchschnittliche Miete: 426 Mark. Deren statistische Größe: 60 Quadratmeter für zwei BewohnerInnen.

Entsprechend den Befragungsergebnissen sind zwei Drittel aller StudentInnen mit ihrer Wohnung zufrieden. Das, so die Studie, sei aber auf ein Zurückschrauben der Ansprüche und auf die zunehmende Resignation bezüglich des Wohnraums zurückzuführen. Denn 30% der Studentenwohnungen seien „Substandard“ und erfüllten nicht einmal die Minimalanforderungen.

Die Beteiligung bei der Umfrage war recht gering: Nur 32,7% der Befragten schickten auswertbare Fragebögen zurück. Allerdings war man auch nur von einer 30prozentigen Beteiligung ausgegangen. Für die ProjektmacherInnen scheint dies genug zu sein, um zuverlässige Ergebnisse zu bekommen. Nach der eigentlichen Befragung durch 5.968 Fragebögen wurden alle, die an der Befragung nicht teilgenommen hatten, befragt, warum sie dies nicht getan hätten. Eine der möglichen Antworten: „Ich habe an der Studie nicht teilgenommen, weil ich Taten wichtiger als Studien finde“.

Rochus Görgen