Andreas L. verheimlichte etwas

TRAUER Der deutsche Pilot war schon einmal psychisch krank. Aber er war nicht der erste solche Selbstmörder. Gottesdienst in Haltern. Langwierige Identifikation der Opfer erwartet

Erst diesen Freitag gab es ein Verfahren in Fankfurt (Oder) gegen einen Flugschüler

BERLIN/DÜSSELDORF dpa/afp/taz | Der 27-jährige Kopilot der auf Flug 9525 verunglückten Germanwings-Maschine, Andreas L., war für den Tag des Flugs eigentlich krankgeschrieben. Das gaben die Düsseldorfer Ermittler am Freitag bekannt, nachdem sie seine dortige Wohnung durchsucht hatten. „Die Maßnahmen haben nicht zur Auffindung eines sog. Abschiedsbriefes oder Bekennerschreibens geführt. […] Allerdings wurden Dokumente medizinischen Inhalts sichergestellt, die auf eine bestehende Erkrankung und entsprechende ärztliche Behandlungen hinweisen. Der Umstand, dass dabei u. a. zerrissene, aktuelle und auch den Tattag umfassende Krankschreibungen gefunden wurden, stützt nach vorläufiger Bewertung die Annahme, dass der Verstorbene seine Erkrankung gegenüber dem Arbeitgeber und dem beruflichen Umfeld verheimlicht hat“, so die Staatsanwaltschaft im Wortlaut.

Laut Tagesspiegel war L. an der Uniklinik Düsseldorf wegen einer Depression in Behandlung.

Weiter wurde bekannt: Andreas L. musste schon seine Pilotenausbildung wegen einer psychiatrischen Behandlung unterbrechen. Während seiner Ausbildung an der Flugschule der Lufthansa in Phoenix, Arizona sei er zeitweise als flugunfähig gelistet gewesen, zitiert die Bild-Zeitung am Freitag „Lufthansakreise“. Insgesamt war er demnach eineinhalb Jahre in Behandlung und wurde mehrfach wegen Depressionen in seinen Flugschulkursen zurückgestuft.

Germanwings ist die Billigflugtochter der Lufthansa. Lufthansa-Vorstandschef Carsten Spohr bestätigte eine mehrmonatige Unterbrechung der Ausbildung wegen Krankheit, beschrieb Andreas L. jedoch als „ohne jegliche Auffälligkeit.“ Er war seit September 2013 Pilot bei Germanwings.

Andreas L. hatte eine Wohnung in Düsseldorf, wohnte aber auch bei seinen Eltern im Westerwald, in Montabaur. Die Unglücksmaschine war ein Airbus 320 mit 150 Passagieren an Bord, darunter 72 Deutsche. Sie war am Dienstag auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf, als sie über Südfrankreich schnell an Flughöhe verlor und an dem Bergmassiv Les Trois Évêchés zerschellte. Laut den Aufzeichnungen in der gefundenen Blackbox hat der Kopilot den Absturz herbeigeführt, als der Pilot das Cockpit kurz verlassen hatte.

In der Luftfahrtgeschichte gab es schon einige solche Fälle – zuletzt stürzte am 29. November 2013 eine Maschine in Namibia ab, es gab 33 Tote. Diesen Freitag plädierte die Staatsanwaltschaft am Landgericht Frankfurt (Oder) auf neun Jahre Gefängnis für einen ehemaligen Flugschüler. Der 53-Jährige soll während einer Flugstunde versucht haben, das Sportflugzeug zum Absturz zu bringen. Der Fluglehrer konnte jedoch notlanden.

Die größte Gruppe der Opfer von Andreas L. waren 16 Schüler und zwei Lehrerinnen des Joseph-König-Gymnasiums im westfälischen Haltern am See. Bundespräsident Joachim Gauck nahm dort am Freitag an einem ökumenischen Gottesdienst teil, zusammen mit der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD).

Die Fluggesellschaft Germanwings eröffnet an diesem Samstag ein Betreuungszentrum für Angehörige in der Nähe des Absturzortes. Derzeit würden noch Betreuer rekrutiert. Wegen der grauenhaften Zerstörung der Germanwings-Maschine dürfte bei vielen Todesopfern eine DNA-Analyse nötig sein – die zeitaufwendigste und kostspieligste Methode der Identifizierung. Bergungskräfte vor Ort hatten berichtet, die größten Leichenteile, die sie gesehen hätten, seien „nicht viel größer als ein Aktenkoffer“. REM