Helfen oder fallen lassen?

GRIECHISCHE FINANZKRISE Die Linksregierung hat der EU-Kommission am Donnerstag einen Hilfsantrag vorgelegt. Der deutsche Finanzminister, Wolfgang Schäuble, weist den Antrag als unzureichend zurück. Und das meinen taz-LeserInnen zum Umgang mit Griechenland:

■ betr.: „Griechen sind sparsam“, taz vom 7. 2. 15

Wir dürfen in der EU wählen: andere PolitikerInnen, aber keine andere Politik.

Die Griechen habe eine andere Politik gewählt, die nicht die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher macht. Sie haben dagegen gestimmt, dass das letzte Volksvermögen, zum Beispiel der Hafen von Piräus, verhökert wird an irgendwelche „Investoren“, wie die Großkapitalisten, Heuchschrecken und Geldhaie heute genannt werden.

Jetzt prasselt ein Trommelfeuer an Mahnungen und Drohungen der neoliberalen Glaubensgemeinschaft auf Land und Politiker nieder. Besonders tun sich die Deutschen, voran Wolfgang Schäuble und die Kanzlerin, wieder hervor. Gestützt auf den Reichtum des Landes kommt wieder diese fiese deutsche Überheblichkeit zum Ausdruck. Die EZB hat schon die erste Erpressungsmaßnahme gegen Griechenland eingeleitet, um dem Land den Geldhahn abzudrehen. Der IWF, der Gralshüter des globalisierten Großkapitals, wird bald folgen.

Die EU will verhindern, dass sich die verarmten Völker gegen den Neoliberalismus auflehnen, der ja in den EU-Statuten verankert ist, sonst könnte Spanien wie Griechenland reagieren.

Ein neuer Nationalismus wird allerdings aufkommen, wenn die linken Parteien scheitern. Die Rechten warten nur darauf.

DIETER BURGMANN, Hohenstadt

■ betr.: „Über deutsche Halbwahrheiten“, taz.de vom 18. 2. 15

Staatliche Reparationszahlungen nach längst vergangenen Kriegen sind eine schwammige und unendliche Geschichte. Soll dann von Russland auch Geld verlangt werden für die Besetzung der DDR? Soll Spanien zahlen für die Millionen toten Indígenas? USA und Großbritannien für Indianermord, Landenteignung und Kolonialismus?

Beim Kredit ist das eine andere Sache. Er wurde schriftlich festgesetzt und muss natürlich zurückgezahlt werden. DORIAN MÜLLER, taz.de

■ betr.: „Warum hat Syriza keinen Kredit?“, taz vom 9. 2. 15

Den meisten Menschen in den betroffenen südeuropäischen Ländern geht es verdammt schlecht.

Diese Menschen dienen als Sündenböcke der Wirtschafts- und Finanzkonzerne, der Banken, dem einen Prozent der Reichsten, denen jetzt schon fast alles gehört, die aber trotzdem immer noch reicher werden und die uns alle gewaltig übers Ohr hauen. Mit gütiger Mithilfe der in der EU und in den Mitgliedstaaten verantwortlichen konservativen und pseudo-sozialdemokratischen Parteien.

Man kann Griechenland nur gratulieren, dass man mehrheitlich diese Volksverdummung durchschaut hat. Ich warte noch darauf, dass bei uns die Menschen die Propaganda gegen andere Völker durchschauen und die Vertreter dieses irren Finanzkapitalismus endlich europaweit abwählen. Gerettet wurden und werden nicht unsere Ersparnisse, die nimmt man uns jetzt schon schleichend weg, gerettet werden die Vermögenden, die bis heute 0,0 Beitrag zur Bewältigung der Krise geleistet haben und sich, im Gegenteil, sogar daran bereichern! MARKUS MEISTER, Kassel

■ betr.: „Schuldenstreit. Die Pokerrunde“, taz.de vom 17. 2. 15

Unsere wackeren Euro- und Bankenretter haben es in strikter, stereotyper Anwendung angelsächsischer Wirtschaftsideologie geschafft, milliardenschwere Risiken von den Zockern auf die Steuerzahler zu verlagern, die seriösen Sparer schleichend zu enteignen und durch ungezügeltes Gelddrucken in der globalen Zockerbude erneut eine gewaltige Blase entstehen zu lassen. Glückwunsch. Experten eben.

Dabei sollte sich eigentlich auch dem schlichteren Intellekt erschließen, dass man eine kollabierte Wirtschaft nicht zum Laufen bringen kann, indem man den Staat kaputtspart, das Tafelsilber zu verscherbeln zwingt und das Staatsvolk in Armut und Perspektivlosigkeit treibt. Die großspurigen Akteure von EU, Eurogruppe und Weltbank hätten sich zu Beginn der Krise entscheiden müssen, ob sie Griechenland helfen oder es fallen lassen wollen. Aber dieses gigantische Gewese um Rettungsschirme und Hilfsmilliarden, das erkennbar nur dem Zweck diente, Banken und Schattenbanken auf Kosten der Steuerzahler abzusichern, war und ist an Perfidie und Heuchelei nicht zu überbieten.

„Nach mir die Sintflut“-Politik halt. Und angesichts all der uns zu regieren glaubenden Zauberlehrlinge möchte man die Sintflut fast herbeisehnen. BITBÄNDIGER, taz.de

■ betr.: „NEIN! NEIN! NEIN! NEIN! NEIN!“, taz vom 20. 2. 15

Der Doktor ist heute irritiert. Die Stadt ist nicht zu sehen. Man hat ihm gesagt, der Nebel sei eine Art Weltkulturerbe in Thessaloniki, und die Stadt sei alt, sehr alt, Tausende von Jahren. Römer, Juden, Türken, Franzosen und Deutsche waren da und nicht nur sie, alle haben ihre Spuren hinterlassen. Jetzt gehört die Stadt den Griechen oder besser gesagt den Thessalonikern, an deren Vorfahren Apostel Paulus einen Brief geschrieben hat. Botschaften kommen heute unter anderem von der EZB, und sie sind nicht religiöser Natur, aber das ist für manche Ansichtssache. Manchmal kommen sie auch direkt von Dr. Schäuble: „Am 28., 24 Uhr, is over“, hat er vor Kurzem gesagt, und es klang für einen Augenblick bedrohlich. Vielleicht löschten in diesem Moment die Maiskolbenverkäufer die Kohle ihrer kleinen Öfen, und die Frau, die am Aristoteles-Platz Taubenfutter verkauft und Plastikspielzeug made in China, ging etwas früher nach Hause als sonst, ebenso wie die Koulouri-Verkäufer, die an jedem Eck stehen.

Vielen Menschen geht es hier, wie woanders auch, nicht gut, und der Verfall der Stadt in manchen Stadtvierteln, der doch immer das Besondere an Thessaloniki war, stimmt immer trauriger. Aber es gibt die Sonne und den Blick aufs Meer und – noch besser – den Nebel. Wie eine schützende Kapsel legt er sich auf die Stadt, da können sich ihre Bewohner besser vor dem Doktor verstecken. Seine Rechenaufgaben werden noch ein bisschen Zeit in Anspruch nehmen, den Sack mit den Milliarden hält er fest in der Hand. Darunter können sich die Menschen in Thessaloniki nicht viel vorstellen, sie wissen nur, ein Koulouri kostet einen Euro, ein Maiskolben vielleicht zwei. Der Doktor meint es eigentlich nicht böse mit ihnen, erzählen sich hier manche, er findet nur momentan die richtigen Worte nicht. Aber andere gehen schon so weit, dass sie sagen, dass er jetzt ihr Weltkulturerbe – den Nebel – auf dem Finanzmarkt verscherbeln will, noch hat er keine Lösung dafür gefunden, wie man ihn einfängt. Und was noch schlimmer ist, er weiß nicht, was er kostet.

OLGA TSITIRIDOU, München

■ betr.: „Schäuble überreizt das Blatt“, taz.de vom 19. 2. 15

Ja, so ist das. Erst Griechenland mit billigem Geld wie eine Mastgans vollstopfen, als Exportdeponie missbrauchen, zusammen u. a. mit deutschen Banken fleißig beim Schönrechnen der EU-Beitrittskriterien helfen und jetzt das griechische Volk wie eine Zitrone für das Wohl der Finanzwirtschaft auspressen. Herzlichen Glückwunsch! PETER ULBER, taz.de

■ betr.: „Warum hat Syriza keinen Kredit?“, taz vom 9. 2. 15

Das Bauchgefühl beim Thema Griechenland ist tagelang unter Druck. Dann kommt vor circa zwei Wochen „verboten“ und am Montag der Beitrag von Mark Terkessidis. Sie wirken beide wie eine Befreiungsmassage gegen die Verkrampfungen unterhalb der Gürtellinie, „verboten“ kurz, Mark Terkessidis offensichtlich anhaltend. Vielen Dank.

Nach dem Bauch ist jetzt der Kopf auch so frei, dass ich sogar Forderungen stellen kann: Über Griechenland schreiben darf nur noch, wer Terkessidis vom Montag gelesen hat! Gebt das über den Ticker an alle KollegInnen der Republik. Ah, und dann heute morgen Georg Seesslen („Das Schlagloch. Lügenpresse“, taz vom 11. 2. 15)– schön!

HANS RAAB, Neustadt an der Weinstraße

■ betr.: „Blutschande mit grandiosem Ausblick“, taz vom 14. 2. 15

Es wird mit leichtem Ton und belustigend von der sexualisierten Gewalt des Julius Kronich gegen seine Tochter und seine Nichte berichtet. Der Autor verharmlost dies mit folgenden Begriffen: „Schürzenjäger“, „er trieb es mit seiner Nichte“, „er machte sich selbst an seine eigene Tochter heran“. Ich denke, die taz-Redaktion ist sich bewusst, dass Sprache ein wichtiges Instrument ist, das nicht missbraucht werden sollte. Daher wünsche ich mir, dass Sie darauf achten, dass sexueller Missbrauch auch so genannt wird, und dass die Täter Täter sind und keine „Schürzenjäger“ und dass die Taten das Leben von Kindern zerstören können und nichts mit Liebeleien zwischen freien Erwachsenen zu tun haben. TARA FRANKE, Minden

■ betr.: „Schäm dich!“, taz Beilage vom 18. 2. 15

Schäm dich!, taz, aber nur dafür, dass dieses wirklich lesenswerten Seiten erst jetzt erscheinen! Die unterschiedlichen Blickwinkel der Autoren bringen das Thema „Scham“ sehr transparent, nachhaltig und unterhaltsam an die LeserInnen. Die Unterscheidung von „angelernter Scham“ und „bewusst gewordener Scham“ kann den Blick für das Wesentliche schärfen – oder wiederherstellen. Über die Ächtung von unmenschlich handelnden Personen, die Offenlegung von Transfers öffentlicher Gelder in das Privateigentum sollte nachgedacht werden. Nicht für den unabsichtlich entwischten Furz, sondern für das Spielen mit Waffenlieferungen, Krieg, Elend und Tod sollten sich die Politiker schämen lernen. NORBERT VOSS, Berlin

■ betr.: „Geheimniskrämerei in der Alpenfestung“, taz vom 18. 2. 15

Ich bezeichne mich als tazler. Das bedeutet, auch Ärgernisse auszuhalten. Dazu gehört die blauäugige, geradezu penterante Besserwisserei im Hinblick auf Verschwörungstheorien. Das ist bei Intellektuellen und Linksfortschrittlichen verbreitet. Gerade diese Bilderberger-Konferenzen sind ein „gmähts Wiesle“ für hochmütiges Denken. Das beginnt mit dem Titel: „Geheimnisträger“; ganz harmlos. Dazu Tiroler Idylle: Blumen, Tannen, blauer Himmel. An fünf Tagen kauern hinter den Fichten und Steinriegeln Tiroler Alpenjäger zum Schutz des erlauchten Bündnisses. Verschworene Zirkel wie die Bilderberger, Skull and Bones etc. sind keineswegs harmlos oder Geheimniskrämer. Es sind hochpeinliche Strategen. Sie planen und basteln an Welt- und Menschheitszielen. Step for step. Wer verstehen will, die Hintergründe des Ukrainegeschehens z. B, könnte fündig werden bei den Bilderbergern. Und davon gäbe es viele Beispiele, auch bei Besetzungen wichtiger Führungsposten! Die Darstellungen Helke Ellersieks verbreiten den „Nebel“, der den Bilderbergern nützt. PETER FINCKH, Ulm