Erste Pegida-Demo in Wien

ÖSTERREICH Jetzt haben die Pegida-Demos auch unseren Nachbarn erreicht. Von „Heim ins Reich“ war nicht die Rede. Die Zahl der Teilnehmer war gering

„Wir sind die Mauer, das Volk muss weg!“, skandierten die Gegendemonstranten

AUS WIEN RALF LEONHARD

„Wir sind das Volk“, tönte es jetzt auch zwischen Schottenkirche und Palais Kinsky auf der Freyung auf der ersten Pegida-Demonstration in Wien. Eine stundenlange Konfrontation zwischen Pegida-Anhängern und einem Antifa-Block wurde aber nur mit Sprechchören ausgetragen. Die in mehreren Hundertschaften ausgerückte Polizei verhinderte einen Zusammenstoß und löste die Pegida-Demo schließlich auf.

„Ick jebe keen Interview“, zischte ein Bärtiger, der hörbar nicht aus Wien kam, am Revers ein Stahlhelm-Anstecker. Gesprächiger war der Bürolehrling Linus Schark aus Wien. Man müsse aufpassen, „dass das nicht überhand nimmt“. Der Islam komme aus Arabien und dort solle er auch bleiben. Leute, die hier bleiben wollen, müssten andere Religionen akzeptieren, fügte der junge Mann hinzu. Wutbürger, die „alle Politiker“ zum Teufel schicken wollen, weil „die machen eh, was sie wollen“, hofften auf die Machtübernahme. Neben bulligen Glatzköpfen in Tarnhosen und Motorradjacken standen auch szenefremde Manifestanten. Frau Rosa etwa, die sich in der Gesellschaft der Glatzen gar nicht wohlfühle. Aber es gehe um die Sache, so die Arbeitslose. In ihrer Wohnanlage höre man kein Deutsch mehr.

Der „Spaziergang“ der Österreich-Pegida war für 250 Teilnehmer angemeldet. Es dürften etwas mehr gewesen sein. Doch viele verflüchtigten sich, als es zum vorgesehenen Marsch durch die Innenstadt kommen sollte. Der Weg war nämlich inzwischen von etwa ebenso vielen linken Gegendemonstranten versperrt. „Nieder, nieder, nieder mit Pegida!“, hieß deren Botschaft. „Keinen Fußbreit“ wollten sie den „Faschisten“ überlassen. Ein doppelter Polizeikordon verhinderte Handgreiflichkeiten. Pegida-Sprecher Georg Immanuel Nagel, ein ehemaliger DJ, telefonierte nervös und verkündete schließlich, man werde sich Versammlungsfreiheit und das Recht auf Meinungsäußerung nicht nehmen lassen. Die Polizei hatte aber keine Anweisung, den Weg mit Gewalt zu bahnen. „Prügeln werden wir sicher nicht“, sagte einer der mit Helm und Plastikschild ausgerüsteten Ordnungshüter, „wir sollen nur die Stellung halten.“

„Wir sind die Mauer, das Volk muss weg!“, skandierten die Gegendemonstranten. Zwei Stunden dauerte das Patt bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Dann wurde es der Polizei zu kalt und sie schickte die Pegida nach Hause. Zum Hitlergruß gestreckte Arme lieferten dafür den willkommenen Anlass. Nächste Woche soll der nächste „Spaziergang“ stattfinden. Völlig friedlich lief währenddessen ein Anti-Pegida-Marsch von rund 5.000 Menschen, der von der Offensive gegen rechts und verschiedenen muslimischen Vereinen angeführt wurde.