DAS DING, DAS KOMMT
: Kurzweiliger Auftritt

DIE PLATTE legen in Hamburg jetzt gleich 100 DJs am selben Abend auf den Teller

Kein Herumgegrabbel in der Plattenkiste, kein kunstvolles Hinarbeiten auf den perfekten Übergang

Auf all das, was beim Plattenauflegen so cool rüberkommt, muss man hier verzichten: Kein geschäftiges Herumgegrabbel in der Plattenkiste, keinen Kopfhörer lässig am Ohr, kein kunstvolles Hinarbeiten auf den perfekten Übergang. Nur exakt vier Minuten hat jede/r DJ Freitagnacht im Hamburger Hafenklang Zeit für sein/ihr Set. Wer die Grenze überschreitet, wird eiskalt abserviert.

Viel länger stehen die Plattensammler, Club-DJs und Radiomoderatoren dafür in der Schlange vorm DJ-Pult. Genau 100 Schallplattenunterhalter haben Sebastian Tim, Booker beim Hamburger Label Tapete Records, und Byte-FM-Moderator Norman Müller für die siebte Ausgabe ihres „Hamburg Shuffle“ eingeladen.

Noch länger dürften die meisten brauchen, um sich zu entscheiden, womit sie hier ihren kleinen großen Auftritt haben wollen. Ob Lieblingssong oder drei kurze Singles aus dem Label-eigenen Bestand: Stilistisch gibt es für den Balanceakt auf dem schmalen Grat zwischen Soundcollage und Kakophonie keinerlei Vorgaben. Für Tricksereien wie John Cages Avantgarde-Klassiker „4’33’’“ ist leider nicht genug Zeit. Auch nicht für Progrock-Schinken, ausufernde Gitarrensoli oder Wolfgang Petrys „Die längste Single der Welt“.

Grindcore-Geknüppel bietet sich natürlich an. „You Suffer“ der britischen Genre-Heroen Napalm Death etwa, das laut Guinness-Buch der Rekorde mit 1,316 Sekunden kürzeste je aufgenommene Musikstück, könnte man immerhin 182-mal abspielen, zum Beispiel 91-mal vorwärts und 91-mal rückwärts. Schließlich spielt es die Band auf Konzerten auch gern 50-mal hintereinander.

Und wem das ganze Hin und Her schließlich doch zu bunt wird, der geht einfach die Treppe hoch. Dort darf eine Handvoll ausgesuchter Schallplattenunterhalter das klassische, längere Set spielen.  MATT

■ Fr, 23. 1., 23 Uhr, Hamburg, Hafenklang