Großes für Kleine!

Wohlbegründete Traditionsbrüche kann man schon im frühen Alter üben. Ein guter Bremer geht nicht in den Bleikeller? Ja, Pustekuchen!, wie das Ritterfräulein Tekla sagen würde, die sich dem Sticken und Suppekochen in Kirsten Boies genialem Vorlesebuch „Der kleine Ritter Trenk“ verweigert, sagen würde (Lesetipp). Denn dann würde man ja den Reiz des gepflegt-authentischen Grusels versäumen, der mit den Kunststoff-Attrappen der bald wieder auftauchenden Freimarkts-Geisterbahnen so wenig gemein hat wie ein gutes Essen mit einem Besuch im – ach Nein, das Restaurant-Bashing gehört ja in eine andere Rubrik. Der Bleikeller also, um nun zeilenträchtig zurück zu schweifen, ist auf jeden Fall einen gesamtfamiliären Wochenend-Besuch wert. Insbesondere die zum Teil schon abgebrochenen Fingerglieder, die Einblicke in die innerer Anatomie der angestaubten Mumien erlauben, sind für Kinder attraktiv. Und dann noch die Suche nach mutmaßlichen Einschusslöchern! Schließlich war der Dachdecker bekanntlich kein Dachdecker, sondern ein Duell-Opfer.

Komplementär zum Abstieg in den Bleikeller gehört das Erklimmen des Dom-Ostturms. Nicht, weil die lieben Kinder nirgends motivierter für ausdauernde Zählübungen sind (korrektes Ergebnis: 256 Stufen), auch nicht wegen der von den Fenster-Lamellen und Gittern etwas beschränkten Aussicht. Sondern: Weil jeder Bremer da einfach mal drauf gewesen sein muss! Das nämlich ist eine gute Tradition.

Um im Thema zu bleiben: Die Führung „Die Hanse für Kinder“, die am Samstag um 15 Uhr bei den Stadtmusikanten startet, eignet sich ebenfalls zur kritischen Traditions- beziehungsweise Legendenüberprüfung. Wird dort verschwiegen, wie oft Bremen „verhanst“ – also wegen diverser Regelverstöße unehrenhaft aus dem Städtebündnis ausgeschlossen wurde? Gegebenenfalls nachfragen! Angeboten für Kinder zwischen acht und zwölf in Begleitung Erwachsener. HENNING BLEYL