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: Schwarze Magie in Rendsburger Docks

In der Reihe „Ortstermin“ besuchen Autoren der taz nord ausgewählte Schauplätze am Rande des Nachrichtenstroms

So sehen Yachten im Rohbau aus: Kabelstränge überall, Männer in Overalls turnen über Metallstege, aber drinnen lässt sich schon ahnen, wie das Schiff einmal aussehen wird: Holzvertäfelt, nobel und vor allem groß. Den Innenausbau machen Leute aus Dubai, an den Wänden schweißen Techniker aus Griechenland, der Auftraggeber stammt aus den USA. Gebaut wird die 70-Meter-Yacht in Schacht-Audorf bei Rendsburg in Schleswig-Holstein, und weil Schiffsbau eine wichtige Angelegenheit ist, kam Ministerpräsident Peter Harry Carstensen gestern nachgucken, wie es so läuft auf den Docks. Mitgebracht hatte er Dagmar Wöhrl, Staatssekretärin beim Bundeswirtschaftsministerium. Die Frau aus Bayern, zu deren Jobbeschreibung auch „Maritime Koordination“ gehört, besuchte einen Tag lang Schleswig-Holstein und tauchte tief ein in die Welt der Werften.

Ernsthaftes aber gab es dabei nicht zu besprechen. „Wir wollen vor allem zeigen, was wir leisten“, sagte Werft-Eigner Friedrich Lürssen. „Es gibt keine Probleme, die auf den Nägeln brennen.“ Für Carstensen war das erklärte Ziel, die Staatssekretärin von der Bedeutung des Schiffsbaus zu überzeugen. „Wat’n Glück, dat wi auf dem Posten eine aus Bayern haben“, sagte er – die stünde nicht unter Verdacht, Lobby-Politik für ihren eigenen Wahlkreis zu betreiben. Wöhlr wehrte ab: „Ich war schon vorher überzeugt, wie wichtig das Thema ist.“ Daher gab es vor einiger Zeit erstmals eine Schiffsbau-Konferenz – in Nürnberg. „Das passt schon“, sagte Wöhlr, und Friedrich Lürssen stimmte zu: „Das war ganz charmant.“

Die Technik, Bauteile, Maschinen stammen sowieso aus aller Welt: 2.200 Zulieferer hat allein die Lürssen-Werft, davon kommt nur ein Bruchteil aus Schleswig-Holstein. „Es hat sich aber bewährt, die Schiffe hier zu bauen, wo wir sie gleich ins Wasser tun können“, sagte Carstensen. Ein Standortvorteil, dem kaum zu widersprechen ist.

Friedrich Lürssen nannte die harten wirtschaftlichen Argumente für den Schiffsbau: „Ein besseres Verheizen von Geld kann man sich kaum vorstellen.“ Konstruktion und Bau einer Großyacht verschlingen etwa 500.000 Arbeitsstunden, danach braucht das Schiff eine feste Besatzung und bringt Hafenstädten weltweit Liegegebühren und Steuern ein. „Und durchaus umweltbewusst“, betonte Lürssen: Alle Maschinen seien auf dem neuesten Stand.

Dabei verwenden die Schiffsbauer durchaus aparte Technik. Wie die kilometerlangen Kabelstränge verlegt werden, sei „Schwarze Magie“, sagte Rolf Leger, Geschäftsführer der Schacht-Audorfer Werft. Carstensen dagegen hörte vor allem gern, dass die Auftragbücher voll sind: „Wir wollen, dass ihr gut verdient. Wir brauchen fröhliche Steuerzahler.“ Esther Geißlinger