Bauer verzweifelt gesucht

Den Brandenburgern stinkt die Arbeit in der heimischen Landwirtschaft. Nun werben die Märker um klugen Nachwuchs. Denn die Vermarktung der Großbetriebe erfordert wirtschaftliches Können

VON KERSTIN RUSKOWSKI

Halb Brandenburg besteht aus landwirtschaftlicher Nutzfläche, insgesamt 1,45 Millionen Hektar. Doch nur 26.000 der insgesamt rund 2,5 Millionen Einwohner des flächenmäßig größten der neuen Bundesländer arbeiten in der Land- und Forstwirtschaft oder der Fischerei. Und es werden immer weniger.

Offenbar mangelt es den jungen Leuten vor allem an Identifikation mit ihrer ländlichen Heimat. Diese will die Initiative „LANDaktiv“ fördern. Um brandenburgische Kinder und Jugendliche für ein Leben im ländlichen Raum zu sensibilisieren, werden Ausflüge zu Mühlen, Burgen und Kirchen unternommen. „Wir wollen den Kindern zeigen, dass Landleben schön sein kann und dass es da nicht nur stinkt“, sagt Friedgunde Just. Sie ist eine von fünf Regionalbeauftragten der Initiative, die von der Heimvolkshochschule (HVHS) am Seddiner See getragen wird.

Eine Männerdomäne sei die Landwirtschaft nicht mehr, sagt Cornelia Kühl von der Seddiner Heimvolkshochschule. „In Berufen wie Tierwirt oder Gärtner sind Frauen heute gleichermaßen vertreten“, so die Pädagogin.

Das Nachwuchsproblem im landwirtschaftlichen Bereich ist vor allem eine Folge der Wiedervereinigung – viele Einwohner Ostdeutschlands sind in den Westen abgewandert. Kurz nach der Wende, im März 1992, arbeiteten noch 60.310 Menschen in der brandenburgischen Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei.

Cornelia Kühl, pädagogische Betreuerin der Initiative LANDaktiv glaubt, dass in der Gesellschaft noch immer das „Bild vom grimmigen Landwirt mit Gummistiefeln und Mistgabel“ vorherrsche. Dabei sind die Anforderungen an landwirtschaftliche Führungskräfte in Brandenburg vergleichsweise hoch, denn die Bauernhöfe sind mittlere bis große Unternehmen. Um Agrarbetriebe dieser Größenordnung leiten zu können, müssen die Bauern nicht nur landwirtschaftlich, sondern auch ökonomisch fit sein und ihre vergleichsweise teuren Produkte zudem oft noch selbst vermarkten.

Die Heimvolkshochschule hat es sich seit 14 Jahren zur Aufgabe gemacht, die Fortbildung von Landwirten mit Seminarangeboten zu sichern, und ist Träger der Brandenburgischen Landwirtschaftsakademie (BLAK). Die mehrmals wöchentlich stattfindenden Kurse werden laut Martin Nobelmann von der HVHS im Schnitt von etwa 15 bis 20 Personen besucht. Neben der Initiative LANDaktiv, die sich insbesondere in den Schulen um die frühzeitige Sensibilisierung von Kindern und Jugendlichen für das Landleben bemüht, wirbt die Heimvolkshochschule auch um junge Führungskräfte.

Ein Modellprojekt bereitet Hochschulabsolventen auf die Aufgaben als Leiter eines landwirtschaftlichen Betriebs vor. Dabei werden die derzeitigen Betriebsleiter in die Ausbildung der neuen Generation einbezogen.

Oftmals rühre das Interesse an einem Beruf in der Landwirtschaft vom Vorbild der Eltern her – Kinder treten in diesem Bereich meist in die beruflichen Fußstapfen ihrer Eltern.

Auch beim brandenburgischen Landwirtschaftsministerium ist man sich bewusst, dass es ein Nachwuchsproblem in der Landwirtschaft gibt – obwohl die Zahl der Azubis in den sogenannten Grünen Berufen in den vergangenen Jahren wieder leicht angestiegen ist. „Wir fordern die Betriebe dazu auf, sich um die Ausbildung von Nachwuchskräften zu kümmern“, sagt Ministeriumssprecher Achim Wersin. Finanzielle Unterstützung gebe es aber nicht, schließlich seien die Betriebe selbst für die Zukunft ihrer Branche verantwortlich.