Die Sachsen legen vor

MDR Wahlkampf in Mitteldeutschland: Über die Nachfolge von Intendant Udo Reiter entscheidet der mächtige Verwaltungsrat

Sachsen will den Chefredakteur der „Leipziger Volkszeitung“ durchdrücken, die SPD ist nicht begeistert

VON STEFFEN GRIMBERG

Bislang sahen die CDU-geführten Landesregierungen in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt im MDR eher einen verlässlichen Partner. Doch die aktuellen Skandale um den Kinderkanal- und MDR-Unterhaltungschef Udo Foht werden nun auch den sonst so genügsamen Machthabern im Sendegebiet zu viel.

Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) „macht Druck“, schreibt beispielsweise die Welt – und übertreibt damit mächtig. Denn Haseloff, dessen Land turnusmäßig die Rechtsaufsicht über den MDR führt, hat lediglich den schnöden Satz „Der MDR muss in dieser Angelegenheit schnellstmöglich Klarheit schaffen!“ gesagt. Und das ist für den zuständigen Ministerpräsidenten ja wohl das Mindeste. Zumal die Regierungen auch noch den Staatsvertrag über die Neuordnung der Rundfunkgebühr, die ab 2013 zur Haushaltsabgabe werden soll, durch ihre Landtage bringen müssen.

Doch die Zeiten beim MDR stehen nicht allein auf Sturm, sondern auch noch auf Wahlkampf: Eine neue Führung muss her, schließlich hatte Nochintendant Udo Reiter schon ihm Rahmen der Kika-Affäre seinen Rückzug erklärt. Der Aktivismus der Landespolitik dient also nicht nur der Aufklärung, sondern mindestens genauso schnödem Eigeninteresse.

Nun wäre der MDR nicht der MDR, wenn nicht auch eine Intendantenwahl bei ihm ein bisschen anders als im Rest des öffentlichen-rechtlichen Systems abliefe. Denn natürlich hat auch der MDR einen Rundfunkrat, der offiziell die Gesellschaft repräsentieren darf. Nur wirklich wählen kann er nicht: Die 43 Rundfunkräte und -rätinnen können nur über einen Personalvorschlag abstimmen, den ihnen der siebenköpfige Verwaltungsrat macht. Diese Person braucht dann noch eine Zweidrittelmehrheit im Rundfunkrat – der so de facto eher ein Vetorecht als eine echte Wahlmöglichkeit hat.

Im Verwaltungsrat regiert die hohe Politik – und vor allem das Bundesland, das sich bislang höchst beredt aus dem ganzen MDR-Zirkus heraushält: Sachsen. Drei der sieben Verwaltungsräte sind als Sachsen gesetzt, ein Erbe aus den Zeiten von „König Kurt“ Biedenkopf (CDU), der so eine Art Sperrminorität einbaute. Denn auch der Verwaltungsrat muss sich mit Zweidrittelmehrheit auf seine(n) Kandidat(in) einigen, bevor diese dem Rundfunkrat zur Abstimmung überlassen wird. Nach bisheriger Planung hat es der Verwaltungsrat eilig. Er will in Sondersitzungen am 22. August und 5. September KandidatInnen sichten – der Rundfunkrat könnte dann schon am 26. September „wählen“.

Doch plötzlich wird hinter den Kulissen auf Zeit gespielt. Denn trotz CDU-Regenten allerorten – Stanislaw Tillich in Dresden, Christine Lieberknecht in Erfurt und der schon erwähnte Reiner Haseloff in Magdeburg – ist man sich in MDR-Land nicht einig. Sachsen will den Chefredakteur der Leipziger Volkszeitung, Bernd Hilder, durchdrücken. Doch da gilt es noch, „Überzeugungsarbeit“ in Thüringen und Sachsen-Anhalt zu leisten, die mit jeweils nur zwei Sitzen im Verwaltungsrat vertreten, aber für die geforderte Mehrheit nötig sind. Und wo die CDU ungeschickterweise nicht wie Sachsen mit der FDP, sondern mit der SPD regiert. Bei Letzterer pocht man nun plötzlich auf schnelle Wahlen – um Hilder zu verhindern.

Im MDR selbst gilt Justiziarin Karola Wille als populärste Kandidatin. Sie ist zwar Teil der „alten“ Strukturen, sei aber der „Motor der Aufklärung im Sender“, sagen ihre Unterstützer. Wenig Chancen werden dagegen Werner Dieste, aktuell Chef des MDR-Landesfunkhauses Thüringen, und MDR-Hörfunkdirektor Johann Michael Möller prophezeit – auch wenn sich Thüringen bislang für Dieste starkmache.