Deutsche Tänzer in Bewegung

Die Tanzausbildung in Deutschland soll verbessert werden: Bei einer Tagung der deutschen Tanzhochschulen in Köln geht es um die Weiterbildung für Pädadogen. Gerade in der freien Szene wird Trainernachwuchs gesucht

KÖLN/HAMBURG dpa ■ Die deutschen Tanzhochschulen sind in Bewegung: Ein Bündel von Herausforderungen lässt die Ausbildungsstätten zum einen näher zusammenrücken, verstärkt zum anderen aber auch die Konkurrenz. Bei einer Tagung der „Ausbildungskonferenz Tanz“ geht es von morgen bis Sonntag in Köln um die Weiterbildung für Dozenten – die Garanten einer fundierten und zeitgemäßen Ausbildung.

Die Kulturstiftung der Bundesregierung beschloss 2005 das Förderprogramm Tanzplan Deutschland. Von den insgesamt 12,5 Millionen Euro fließt eine Million in die Verbesserung der Tanzausbildung. An der Gründung einer „Ausbildungskonferenz Tanz“ im vergangenen Februar beteiligten sich alle elf staatlichen Tanzhochschulen zwischen Berlin und Mannheim.

Wer klassisches Ballett unterrichtet, hat im allgemeinen wenig Verständnis für zeitgenössischen Tanz und umgekehrt. Aber die Zeiten wandeln sich. Ingo Diehl, Ausbildungsbeauftragter beim Tanzplan Deutschland, meint: „Die Jahre sind vorbei, in denen es Ballettkompanien gab, die die Besten aus den privaten Ballettschulen holten und ihnen eine eigene Ausbildung gaben, die sie befähigte, in ihrem Ensemble zu tanzen.“ So wurde etwa in Köln trotz zweier Tanzhochschulen die städtische Kompanie aufgelöst.

Auch trifft der radikale Stellenabbau an deutschen Theatern die Tanzhochschulen hart: „Die 2.428 festen Tänzerstellen im Jahr 1993 schrumpften auf nur noch 1.867 im Jahr 2007“, sagt Martin Puttke von der Ballett- und Tanztheaterdirektoren-Konferenz. Das bedeutet, die Schulen werden immer seltener für ihre Kernaufgabe gebraucht, immer öfter aber für die Weiterbildung von Tänzern zu Tanzpädagogen oder Trainingsleitern auch für die freie Szene. Denn die freie Szene ist im selben Zeitraum um etwa die Zahl gewachsen, die den Stadttheatern durch Sparmaßnahmen oder Spartenschließungen verloren ging.

Die dringend nötige Weiterbildung aber steht laut Diehl noch auf tönernen Füßen. Bachelor- und Master-Studiengänge, wie sie derzeit am neuen Hochschulübergreifenden Zentrum Tanz in Berlin oder in Hamburg erprobt werden, sind nötig, um Tänzern eine international anerkannte Ausbildung auch nach ihrer Erstkarriere zu ermöglichen. Der Beruf des Tänzers ist in Deutschland nämlich bis heute nicht staatlich anerkannt. Beendet ein Tänzer seine Karriere wie üblich etwa im Alter von 35 Jahren, gilt er trotz staatlicher Ausbildung am Arbeitsmarkt als „ungelernt“.

Weniger städtische Ensembles und neue, international kompatible Anforderungen an das Tanzstudium machen somit einen kritischen Blick auf die Ausbildung nötig. Zumal das Bild vom Tanz in Deutschland noch immer von Klischees bestimmt ist. „Selbst das Fernsehen lässt die Teletubbies noch in rosa Röckchen herumtanzen, und junge Mädchen bekommen noch die Mär von der Tanz-Prinzessin im Tüllrock vermittelt. Man sieht, wie weit das Image des Tanzes von der Wirklichkeit entfernt ist“, sagt Diehl.

Hier setzt die Mitunterstützung des Bundes für die fast flächendeckend operierende Initiative „Tanz in Schulen“ an, die in Grundschulen die Kinder an den Spaß und die Kreativität des Tanzes heranführen will. Angestoßen wurde dieser Trend durch die Massenchoreografien von Royston Maldoom (“Rhythm is it“) mit Schülern aus allen sozialen Schichten. „Diese Initiative hat über kurz oder lang auch Konsequenzen für den Mittelbau“, sagt Diehl. Etwa für private Ballettschulen, „die mit in der Verantwortung stehen, wie ihre Jugendlichen, für die der Tanz ein ernster Berufswunsch ist, tatsächlich die Vorqualifikation erhalten, die sie brauchen“.