Auf dem Basketballplatz

Musik in den Fingern

Ich lasse mich im Schneidersitz zu Boden gleiten, lehne mich mit dem Rücken an die Umzäunung und betrachte den leeren Platz. Es ist noch früh, und ich bin alleine. Nur ein paar junge Mütter schieben ihre Kinderwagen durch den Park Richtung Märchenbrunnen. Ich ziehe meinen Pulli aus, öffne die Wasserflasche, die ich mitgebracht habe und trinke einen Schluck. Dann nehme ich den Ball, lasse ihn kurz auf einem Finger kreisen und stehe wieder auf.

Der Himmel ist wolkenlos und die Sonne glitzert auf den Dachrinnen der Häuser gegenüber. Ich stelle mich an die Freiwurflinie und fixiere den Korb. Ich denke an Dirk Nowitzki und frage mich, ob er zum Frühstück auch Müsli mit kleingeschnittenen Früchten isst. Der Ball macht ein Geräusch, wenn er den Ring oder das Brett trifft. Auf der Straße fährt ab und zu ein Auto vorbei. Ansonsten ist es still. Nach zehn Würfen sind meine Handflächen schwarz, vier Mal habe ich getroffen. Ein leichter Wind rauscht durch die Bäume. Ich schiebe meine Zunge in den Mundwinkel wie Michael Jordan, umdribbele einen imaginären Gegner und setze zu einem Hook-Shot an. Ich treffe den Ring, aber der Ball geht nicht rein.

Ich werfe in rascher Folge ein Dutzend Bälle, versuche mich von der Dreierlinie und übe Korbleger, bis ich außer Atem bin und an die Freiwurflinie zurückkehre. In meinen Fingern spüre ich eine leise Musik. Da ist der Granulatboden, der unter meinen Füßen leicht nachfedert, wenn ich zum Wurf ansetze, der Moment, wenn der Ball meine Hand verlässt und das satte Geräusch, wenn ich einen Treffer mache. Meine Gedanken werden weniger, klarer und leichter. Schließlich gibt es nur noch den Ball, den Korb, mich und das Sonnenlicht, das sich warm über den Platz ergießt. DANIEL KLAUS