Der Einlenker

Er will nicht blockieren. Am Ende stimmte Andreas Tietze doch für die neue Landesverfassung Schleswig-Holsteins – wegen der gestärkten Minderheitenrechte und mehr direkter Demokratie. Zufrieden ist der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion trotzdem nicht. Gott fehlt ihm – zumindest in der Präambel.

Genau wie Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) und die CDU-Fraktion hatte der 52-Jährige einen Gottesbezug in der Landesverfassung gefordert. Als „Demutsformel“, um festzuschreiben, dass der Mensch nicht die letzte moralische Instanz sei, dass sich die Politik vor etwas Höherem verantworten müsse. „Das hat nichts mit glauben oder nicht glauben zu tun“, sagt der studierte Theologe und Sozialpädagoge, der auch Präses der Landessynode ist. „Es geht darum, dass der Mensch nicht die Krönung der Schöpfung ist.“

Auch Menschen anderer Religionen würden von einem Bezug zu einem Gott nicht ausgeschlossen. Der Satz in der Präambel „schadet ja nicht“, sagt der Wahl-Sylter, der nach rund 20 Jahren im Beruf noch einmal Sozialökonomie in Lüneburg studierte.

Trotzdem habe er über ein Ersatzwort für Gott lange nachgegrübelt. Schließlich habe sich an dieser Vokabel der Streit im Landesparlament entzündet. „Letztlich hätte ich mich für einen solchen Kompromiss aber zu sehr verbogen“, sagt Tietze. Statt neue Kämpfe auszufechten, Alternativbegriffe, wie „höhere Instanz“ oder „das Universum“ zu präsentieren, lenkte er lieber ein und stimmte gemeinsam mit 60 Abgeordneten für die gottlose Verfassung, nur drei stimmten dagegen und zwei enthielten sich.

„Das Ergebnis entspricht sicher nicht der Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung“, sagt der zweifache Familienvater enttäuscht. Einen Volksentscheid für die Präambel mit Gottesbezug würde er unterstützen – als Bürger, ganz privat. Selbst anzetteln will er ihn nicht. Chancen aber hätte eine solche Initiative, ist sich Tietze sicher. Schließlich sei der Glaube an Gott gesellschaftliche Realität. Nicht nur bei Kirchenmitgliedern.  REA