Vier vor dem Komma

VON THILO KNOTT

Die IG Metall und die Arbeitgeber haben mit einer Einigung in letzter Sekunde den ersten Streik in der Metall- und Elektrobranche seit 2002 abgewendet. Die Beschäftigten erhalten von Juni an 4,1 Prozent mehr Geld. Nach zwölf Monaten gibt es eine weitere Lohnerhöhung um 1,7 Prozent. Zudem gibt es eine Einmalzahlung und einen Konjunkturbonus. Darauf einigten sich IG Metall und der Arbeitgeberverband Gesamtmetall gestern in Sindelfingen nach einem zwanzigstündigen Verhandlungsmarathon.

„Das ist ein Ergebnis mit Augenmaß, aber ohne Bescheidenheit“, sagte der baden-württembergische IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann. Der Abschluss wäre ohne die massiven Warnstreiks der vergangenen Tage nicht möglich gewesen, sagte er. Die IG Metall hatte bis gestern mit Warnstreiks ihre Kampfbereitschaft gezeigt. Wären die Verhandlungen ohne Ergebnis geblieben, hätte die IG Metall sehr schnell eine Urabstimmung über Streiks durchgeführt und Mitte Mai mit dem Arbeitskampf begonnen.

Die Laufzeit des neuen Tarifvertrages beträgt insgesamt 19 Monate, der Vertrag endet am 31. Oktober 2008. Für April und Mai 2007 erhalten die Beschäftigten den Angaben zufolge eine Einmalzahlung von 400 Euro. Dazu kommt ein auf fünf Monate befristeter Konjunkturbonus in Höhe von insgesamt 3,5 Prozent, der ab Juni nächsten Jahres ausgezahlt wird. Der Beginn der zweiten Gehaltserhöhung in Höhe von 1,7 Prozent kann – wie auch der Auszahlungszeitpunkt des Bonus – per Betriebsvereinbarung um bis zu vier Monate verschoben werden.

Südwestmetall-Chef Stefan Roell bezeichnete das Ergebnis angesichts der „unerwartet guten Entwicklung der Branche als angemessen und ausgewogen“. Zwar wäre er gerne „unter den 4 Prozent geblieben“, sagte er. Doch durch die längere Laufzeit erhielten die Unternehmen der Branche Planungssicherheit fast bis Ende 2008. Nach Darstellung von Gesamtmetall belastet der Tarifabschluss die Betriebe im Geschäftsjahr 2007 mit 3,9 Prozent und in den ersten zehn Monaten des nächsten Jahres mit 2,1 Prozent.

Die Einigung für die 800.000 Beschäftigten in Baden-Württemberg wird bei IG Metall und Gesamtmetall als Pilotabschluss für die gesamte Branche mit bundesweit 3,4 Millionen Beschäftigten gewertet. Beide Seiten empfahlen den anderen Tarifbezirken, den Sindelfinger Abschluss zu übernehmen. In einzelnen Bezirken soll die Übernahme bereits in der kommenden Woche vereinbart werden.

Die IG Metall war mit der Ausgangsforderung von 6,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt in die entscheidende Tarifverhandlung gegangen. Die Arbeitgeber hatten 2,5 Prozent mehr Entgelt und einen Konjunkturbonus von 0,5 Prozent für zwölf Monate angeboten.