CDU lernt Finnisch

Die münsterländischen Städte Horstmar und Schöppingen gründen die erste Gemeinschaftsschule in NRW nach finnischem Vorbild. FDP-Schulexpertin Pieper-von Heiden will das Modell verhindern

VON NATALIE WIESMANN

Im schwarzen Münsterland wird die nordrhein-westfälische Bildungsrevolution vorbereitet: Die Städte Schöppingen und Horstmar stellen heute ihr Modell der Gemeinschaftsschule vor. Im Schuljahr 2008/2009 wollen sie damit starten.

„Wir können unsere Hauptschule nicht aufrecht erhalten“, so Josef Niehoff, Bürgermeister von Schöppingen. Sie ist die einzige weiterführende Schule vor Ort. Trotzdem ziehen es 80 Prozent der Eltern vor, ihre Kinder 25 Kilometer weiter in die Nachbargemeinden Ahaus oder Steinfurt auf die Realschule oder aufs Gymnasium zu schicken. „Die Eltern stimmen mit den Füßen ab“, sagt Niehoff. Nicht einmal zwanzig Kinder haben sie fürs nächste Schuljahr angemeldet.

Niehoff ist pragmatisch. Das CDU-Mitglied, das ohne Parteiliste ins Amt gewählt wurde, will Familien anlocken: „Wie kann ich jemandem Bauland anbieten, wenn seine Kinder hier nicht zur Schule gehen können?“ Ähnlich sieht es in Horstmar aus. Auch dort gibt es nur eine Hauptschule mit schwindenden Anmeldezahlen. „Unsere Schulen sind sehr gut ausgestattet“, so Niehoff. „Es wäre schade, wenn wir sie schließen müssten.“ Er und Horstmars CDU-Bürgermeister Robert Wenking haben deshalb Ernst Rösner vom Dortmunder Institut für Schulentwicklungsforschung beauftragt, beide Hauptschulen zu einer Gemeinschaftsschule weiterzuentwickeln. Rösner hat dies bereits für Schleswig-Holstein getan. Auch Berlin hat angekündigt, die Gemeinschaftsschule zu erproben.

Der Schulversuch kann jedoch nur mit Zustimmung der Landesregierung beginnen. Schulministerin Barbara Sommer (CDU) hält bisher am dreigliedrigen System fest. Bis Redaktionsschluss war das Ministerium zu keiner Stellungnahme bereit.

Um die Chancen einer Realisierung zu erhöhen, konzentriert sich das münsterländische Modell zunächst auf die Zusammenlegung der Unterstufe: Von der fünften bis zur siebten Klasse werden alle SchülerInnen gemeinsam unterrichtet. „Das geht natürlich nur, wenn individuell gefördert wird“, so Erika Risse, Sprecherin der pädagogischen Planungsgruppe.

Drei Mal die Woche sind jeweils zwei Stunden freies Lernen vorgesehen, wo sich SchülerInnen eines Jahrgangs mit gleicher Begabung zusammentun können. „Die bekommen natürlich auch anderes Lernmaterial, das sie fordert“, so Risse. Die schwächeren SchülerInnen können die Zeit nutzen, Stoff zu wiederholen. Die Fachfrau für Hochbegabtenförderung und Leiterin eines Gymnasiums in Oberhausen ist von der Gemeinschaftsschule überzeugt: „In Finnland klappt das ja auch.“ Für die Mittelstufe ist vorgesehen, dass SchülerInnen in die drei herkömmlichen Schulformen sortiert werden – wie in einer Gesamtschule. „Wir lassen es aber offen, auch diese zusammenzulegen“, so Risse.

Gegen die münsterländische Gemeinschaftsschule will sich die FDP-Abgeordnete und Schulexpertin Ingrid Pieper von Heiden einsetzen: „Diese Zusammenlegung ist überflüssig.“ Man könne aus den vorhandenen auch eine gemeinsame Hauptschule bilden. „Ich werde auf die Ministerin Einfluss nehmen, dass sie den Versuch ablehnt.“