Jan Casstorff sagt Tschüss

Die Nachricht kam überraschend: Robert Atzorn will nicht mehr der Hamburger „Tatort“-Kommissar sein. Er finde, die Figur sei „auserzählt“, ließ der Schauspieler mitteilen, und dass man aufhören solle, wenn es am schönsten ist.

Über Letzteres wäre zu diskutieren. In den Hamburg-Tatorten trafen zuletzt konfuse Drehbücher auf ermüdete Hauptdarsteller. Es war, als ob Atzorn als Kommissar Jan Casstorff immer lustloser aus seinem Dreitagebart schaute. Da konnte auch die neue eingeführte Staatsanwältin nichts ausrichten, mit der er eine Affäre beginnen musste – streng nach Dienstschluss, versteht sich.

In seinem Herzen war Casstorff immer der einsame Wolf, depressiv und rudel-untauglich. Schon die Szenen mit seinem Sohn Daniel hatten seltsam deplatziert gewirkt. Privatsphäre passte nicht zu dem Kommissar, der in den besten Folgen durch ein labyrinthisches Hamburg irrte, mit zerschabter Lederjacke und immer leererem Blick, eine Figur wie aus einem Dostojewski-Roman. Unvergessen die Folge „Ein Glücksgefühl“ (2005), in der Casstorff in ein Hardcore-Spielermilieu hineingerät. Er hat viele Nächte nicht geschlafen, Schweiß steht ihm auf der Stirn, denn plötzlich muss er mitspielen um einen Einsatz, den er sich nicht ausgesucht hat.

Als Tatort-Kommissar schaffte es Robert Atzorn, aus seinem eigenen Windschatten als „Unser Lehrer Doktor Specht“ (ZDF) herauszutreten. Gleichzeitig erlöste er die Zuschauer von Hamburgs singendem Altherrenduo Manfred Krug/Charles Brauer. Ob er den beliebtesten unter den deutschen Fernsehkrimis am Ende freiwillig verließ, ist nicht ganz klar. Man sei „übereingekommen, dass es mit der Figur Jan Casstorff nicht weitergehen wird“, teilte der NDR-Programmdirektor mit. Erst vor einem dreiviertel Jahr war Robert Atzorn nach Hamburg gezogen: um „näher am Set“ zu sein. WIE