Total negativ

Klose hält hin, Frings zürnt heftig: die zwiespältige Bilanz eines torlosen Bremer Uefa-Cup-Abends in Alkmaar

ALKMAAR taz ■ Wer solche Worte im Zeugnis stehen hat, kann eigentlich die Bemühungen um einen neuen Arbeitgeber einstellen. Die Formulierung „stets bemüht“ ist so etwas wie der Jobkiller in jeder Bewerbung – bedeutet es doch im Branchenjargon so viel wie „aber nicht befähigt“. Ist es Zufall, dass Trainer Thomas Schaaf seinem Sorgenkind Miroslav Klose nach der Nullnummer im Uefa-Cup-Viertelfinale beim AZ Alkmaar genau mit jenen Begrifflichkeiten bedachte? „Ich sehe, dass er sich bemüht“, entgegnete Schaaf der sich potenzierenden Kritik am WM-Torschützenkönig, der immer neue Negativmarken aufstellt. 1.032 Pflichtspiel-Minuten in Folge ohne Tor, 1.065 Europapokal-Minuten summiert ohne Treffer. Dazu ein eklatanter Verfall in Sachen Zweikampfstärke und Behauptungswille, Ballbeherrschung und Torgefahr. Dass der zu Unrecht statt Klose ausgewechselte Hugo Almeida erst Co-Trainer Wolfgang Rolff und dann Schaaf den Handschlag verweigerte, passte ins Bild.

Umso erstaunlicher, dass sich Protagonist Klose hernach zu der Behauptung verstieg, er habe „sich fit gefühlt, viele Wege gemacht“, überdies sei es doch „zweite Halbzeit schon viel besser gelaufen“, aber es fehle „die Unterstützung vom Mittelfeld“. Und gar dreist ist die Ankündigung des 28-Jährigen, den Vertragspoker nicht beenden zu wollen. „Das kann noch bis Mai dauern. Oder vielleicht noch länger. Mich belastet die Vertragssituation überhaupt nicht“, konstatierte Klose, kniff Lippen und Augen zusammen. Eine Aussage, die im Umkehrschluss nur eine Folgerung zulässt: Die lukrativen Angebote der europäischen Topklubs sind offenbar doch nicht so zahlreich und konkret, wie Berater Alexander Schütt vorgibt. Milan und Co. dürften andere Kandidaten im Auge haben.

Aber wer wird den Nationalstürmer in dieser Verfassung verpflichten? Klose, der sich neuerdings die Haare gelt und tönt, kommt wie eine Karikatur jenes Stürmers daher, der im WM-Sommer die Fußball-Welt verzückte. „Er ist einfach nicht in Form“, sagt Sportchef Klaus Allofs unverhohlen, während Trainer Schaaf die Missstände milder umschreibt: „Es ist unbestritten, dass Miro bessere Spiele machen kann. Insgesamt müssen wir als Mannschaft im Angriff energischer sein.“ Wohl wahr, sollen nationale und internationale Vorgaben erfüllt werden: Am Sonntag kommt der vor Zuversicht strotzende 1. FC Nürnberg ins Weserstadion, weshalb die grün-weiße Entourage noch in der Nacht zum Freitag zurück nach Bremen flog.

Individuelle Pflege war gestern angesagt, kollektive Ursachenforschung wäre auch dienlich, um zu ermitteln, warum all die Leichtigkeit sich bei Werder unwiderruflich verflüchtigt hat wie ein Schneemann in der Frühlingssonne. Der Herbstmeister im Frühjahr 2007: Das sind als vermeintliche Kombinationsfußballer getarnte Biedermänner. Defensiv akzeptabel, offensiv blamabel. Kritik am untypischen abwartenden Spielstil, der in 90 wechselhaften Minuten zwar zehn Torschüsse, aber nur eine herausgespielte Torchance (Clemens Fritz, 11.) produzierte, wird nicht geduldet. Wortführer Frings giftete alle an, die nur leise Zweifel anmeldeten. „Der Trainer hat uns super eingestellt, wir haben super gestanden: Ein 0:0 ist ein ausgezeichnetes Ergebnis“, befand er und blaffte nörgelnde Fragesteller an: „Sollen wir denen ins offene Messer laufen? Ihr seid total negativ!“

FRANK HELLMANN