Antisemitisches Flugblatt bei Duisburger Linkspartei

SKANDAL Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Volksverhetzung und Verfassungswidrigkeit

„Die Linkspartei ist von Antisemiten unterwandert“

OLIVER WITTKE, CDU-GENERALSEKRETÄR IN NRW

VON PASCAL BEUCKER

DÜSSELDORF | Ein Davidstern verschmilzt mit einem Hakenkreuz. Schon ein erster Blick auf das zweiseitige Flugblatt genügt, um zu wissen, worum es sich handelt: ein antisemitisches Pamphlet. Herunterzuladen war es aus dem Internet – von der Homepage der Duisburger Linkspartei. Die steht nun unter heftigem Erklärungszwang. Die Duisburger Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen aufgenommen.

Zu finden war das mit dem Slogan „Nie wieder Krieg für Israel“ überschriebene Traktat bis Mittwoch über eine untergeordnete Seite des parteinahen Jugendverbandes [’solid]. In dem Text wird Israel als „Schurkenstaat“, „Kriegstreiber“ und „Apartheidsregime“ gegeißelt. Gefordert wird unter anderem: „Tretet der moralischen Erpressung durch den sogenannten Holocaust entgegen!“

Darüber hinaus wird die „Judenpresse“ angeprangert. Diese Bezeichnung für „gewisse Blätter“ sei „wohl weniger ein Schimpfwort als vielmehr die zutreffende Umschreibung der einseitig philosemitischen und anbiedernden Berichterstattung über Israel und die Juden“, heißt es in dem Text.

Papier ist von 2006

Die Empörung ist groß. „Die Linkspartei ist nicht nur von Linksextremisten, sondern ganz offensichtlich auch von Antisemiten unterwandert“, sagte Oliver Wittke, CDU-Generalsekretär in Nordrhein-Westfalen. Sie liefere „selbst den besten Beweis, warum die Überwachung dieser Partei durch den Verfassungsschutz nach wie vor dringend geboten ist“, sagte sein FDP-Pendant Joachim Stamp. Landesinnenminister Ralf Jäger, der auch Vorsitzender der mit der Linkspartei und den Grünen koalierenden Duisburger SPD ist, forderte „eine lückenlose Aufklärung des gesamten Vorganges“.

Duisburgs Linkspartei-Sprecherin Ute Abraham distanzierte sich „ausdrücklich von dem fälschlich veröffentlichten Papier“, ebenso der Landesvorstand. Der Landtagsfraktionsvorsitzende Wolfgang Zimmermann sprach von „übler Hetze“.

Wie das impressumlose Schriftstück in das Internetangebot der Linkspartei gelangt ist, ist bislang ungeklärt. „Wir sind gerade dabei, zu überprüfen, wer den Mist verlinkt hat“, sagte Ratsfraktionschef Hermann Dierkes der taz. Fest steht wohl nur, dass der unappetitliche Appell aus dem Jahr 2006 stammt. Laut Providerangaben wurde er im Januar dieses Jahres als Link auf die Homepage des Kreisverbands eingestellt. Offenkundig sei bislang zu freigiebig mit den Zugangsberechtigungen umgegangen worden, räumte Dierkes ein. Das sei jetzt geändert worden.

Hermann Dierkes sorgte vor zwei Jahren selbst bundesweit für Schlagzeilen, weil er zu einem Boykott israelischer Produkte aufgerufen hatte. „Wer das Existenzrecht Israels in gesicherten und definierten Grenzen verteidigt so wie ich, muss auch das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser respektieren“, rechtfertigte er sich seinerzeit.

Das jetzt aufgetauchte Flugblatt verurteilt Dierkes, der erst am Dienstagabend von einer einwöchigen Israelreise zurückgekehrt ist, allerdings nachdrücklich: „Das ist eindeutig ein antisemitisches Machwerk, da gibt es gar nichts zu deuteln.“