Die Axt im Lieblingstisch

FREUNDE Das Hamburger Plattenlabel Buback ist mit einer selbst konzipierten Ausstellung über das eigene Schaffen zu Gast im Kunstverein Wolfsburg. Das klingt nach einer PR-Veranstaltung. Ist es aber nicht

Kunst im engeren Sinne sind die gezeigten Exponate nur zum Teil

Für die schlichtere Unterhaltung sorgt wie gewohnt die Remmidemmi-Band Deichkind. „Um das Publikum von der Bühne aus abzufüllen brauchen wir: 2 Flaschen Vodka, 10 Flaschen Tonic, 14 Liter Gin, 4 Flaschen Sekt“, schreibt die Band in einer Email an einen Konzertveranstalter. „Bitte 200 kleine Plastik-Pinnchen bereitstellen für Getränkeausgabe während der Show.“

Zu sehen gibt es diese Email im Kunstverein Wolfsburg. Dort hängt sie an der Wand unter einem Regalboden mit Jan-Delay-Merchandising. Kunst im engeren Sinne sind diese Exponate nicht, aber sie gehören zur Geschichte des linken Hamburger Plattenlabels Buback, dem der Kunstverein die Ausstellung „Meine Axt teilt meinen Lieblingstisch“ widmet.

Die Anbindung zur bildenden Kunst liefert bei Buback der Künstler Daniel Richter. Der wohnte auch mal in der Hamburger WG, in der das Label 1987 gegründet wurde. Richter gestaltete Plattencover und Konzertplakate, sein Artwork wurde zu einem Markenzeichen des Labels. Mittlerweile ist er einer der am besten verdienenden Künstler Deutschlands. Im Jahr 2005 übernahm er das Label.

Der zweite Grund dafür, dass es diese Ausstellung aus Covern, Fotos, Bühnenequipment, Emails und Devotionalien gibt, ist eine konzeptionellen Neuerung im Kunstverein Wolfsburg. Neben den Hauptausstellungen zeigt der Kunstverein im „Raum für Freunde“ monatlich wechselnde, kleine Präsentationen, die aufgrund der Kontakte des Kunstvereins respektive seines Direktors Justin Hoffmann zustande kommen. Und Hoffmann ist nicht nur Kunstverein-Direktor, sondern auch Mitglied der Band F.S.K., die ihre letzte Platte bei Buback veröffentlicht hat.

Die Idee des „Raumes der Freunde“ sei, sagt Hoffmann, dass die Freunde die Präsentation selbst bestimmen. Die Buback-Ausstellung hat der Label-Grafiker Hans Stützer zusammen gestellt. Eine reine PR-Veranstaltung ist allerdings nicht daraus geworden. Stützer zeigt die Vielfalt und lässt die Basis zu Wort kommen: Ein zentraler Bestandteil der Ausstellung ist ein Video, in dem Musiker und Menschen aus dem Buback-Umfeld darüber reden, was sie vom Label-Namen „Buback“ halten.

„Politisch halbstark“ findet ein zirka 40-Jähriger die Anspielung auf den von der RAF ermordeten Generalbundesanwalt. „Es geht um das Schillernde. Es ist ein ganz normaler Name und trotzdem denkt man’s immer mit“, sagte eine Frau um die 50. „Der Name interessiert mich nicht“, sagt ein 20-Jähriger. „Ich bin ja jung und dumm geboren.“

Wie die Interviewten heißen, verrät das Video nicht: Man kennt sich schließlich in der Szene. Ungewollt macht der Beitrag deutlich, dass das Besondere an Buback-Records ist, Beziehungen unter Gleichgesinnten zu stiften – oder gestiftet zu haben. Heutzutage scheint das Label damit ausgelastet zu sein, seinen Bestand zu pflegen. „Liebe Leute, Bitte schickt uns KEINE Demos mehr“, heißt es auf der Website. „So leid es uns tut, wir schaffen es einfach nicht, die Dinger zu hören.“ KLAUS IRLER

bis 1.  Mai, Kunstverein Wolfsburg