Unten dabei

Dortmunds Trainer Jürgen Röber muss nach der Niederlage der Borussia im kleinen Revier-Derby gegen Bochum wohl mit seiner Ablösung rechnen

AUS BOCHUM CHRISTOPH SCHURIAN

Technisch ist Jürgen Röber sicherlich einer der besten, vielseitigsten Vertreter seiner Zunft. In der Coaching-Zone macht dem Fußballtrainer von Borussia Dortmund so schnell keiner was vor: Der 53-Jährige ist enorm viel unterwegs, nimmt aufmerksam am Spielgeschehen teil, Röber kann sich genauso enthusiastisch freuen wie unversöhnlich aufregen. Qualitäten, die der BVB-Coach auch bei der Niederlage beim VfL Bochum abrufen konnte. Und eine neue Variante kam hinzu: Den Blicken der Haupt- und Pressetribüne entzog sich Röber geschickt, kauerte hinter der Bande und neben seinem Trainerstuhl. Eine großartige Fußballscharade, die vorwegnahm, was nach der Derbypleite die Runde machte: Jürgen Röbers Sechsmonatsvertrag wird in dieser Woche vorzeitig beendet.

Ob der als Dortmunds Wunschtrainer geltende Thomas von Heesen die sportliche Verantwortung übernimmt, ist aber eher unklar – und nicht sehr wahrscheinlich: Das Risiko für Heesen ist hoch. Deutschlands einziger börsennotierter Fußballclub steht dicht vor dem zweiten Bundesliga-Abstieg seiner Vereinsgeschichte. Seit dem Derby in Bochum gehört der BVB zu den zehn Bundesligavereinen, die den Abstieg unter sich ausmachen. Röbers zweimonatiger Trainereinsatz endet nach einer Serie von drei Niederlagen im sportlichen Desaster.

So emsig Röber an der Linie war, so ideenlos zeigte sich der im nördlichen Ruhrgebiet Aufgewachsene nach dem Spiel. Der Ex-Herthatrainer konnte sich keinen Reim auf die verdiente Niederlage machen: Zur Pause habe doch „die Null gestanden“, wiederholte Röber unentwegt. Direkt nach dem Wiederanpfiff „ausgekontert“ zu werden, das sei „nicht zu verstehen“, dürfe nicht passieren, man habe eben die „Seuche“, er müsse das Erlebte jetzt erst mal „verarbeiten“. Wie es aussieht, wird Röber dazu genügend Zeit bekommen.

Andererseits – dass Röber sich beim kleinen Revier- und Tabellennachbarn so bescheiden über das torlose Unentschieden zur Pause freute, entsprach durchaus dem Spielverlauf und der Leistung seines Teams. VfL-Trainer Marcel Koller ist zwar ein Dröger in der Coaching-Zone, dafür arbeiteten seine VfL-Spieler entschlossener gegen Gegner und Ball. Und taktisch hatte Koller im Vorfeld Mut bewiesen. Vor knapp 32.000 Zuschauern bot er gleich fünf offensive Kräfte auf und verzichtete auf die doppelten Abräumer vor der Abwehr.

Der Bochumer Sturmabteilung stemmte sich eigentlich nur Christoph Metzelder entgegen. Auch wenn der Nationalverteidiger beim zweiten Gegentor zu passiv war – sonst rackerte der Nationalverteidiger und baute in der zweiten Hälfte mit seinen großen Schritten Angriffe auf, die teils grotesk unpräzise abgeschlossen wurden. „Metze RIP“ hatten BVB-Fans auf ein Transparent gemalt. Doch die sportliche Beerdigung droht nicht Metzelder, der ab Sommer bei einem noch unbekannten Spitzenclub anheuert, sondern denen, die zurückbleiben. Etwa dem weiterhin torlosen Nelson Valdez, dem alt und müde wirkenden Christian Wörns oder Philipp Degen – bei Bochums Führung enteilte ihm Theofanis Gekas mit Ball am Fuß nach einem simplen Doppelpass mit Zvjezdan Misimovic. Auch beim zweiten Treffer des Spiels konnte Misimovic absolut unbedrängt für den Griechen auflegen. Am Samstag ist Gekas hinten Gomez zum zweitbesten Torschützen der Bundesliga aufgerückt.

Gekas, Koller und Co. feierten ihren ersten Heimsieg des Jahres ausgelassen mit Fanta und Ringelpiez. Sie freuten sich darüber, dass sie eine weitere Mannschaft „hinzunehmen konnten“, wie Koller die Lage im Ligakeller beschreibt.

Dass es dort unten unangenehm zugeht, erlebten die Dortmunder Spieler nach dem Duschen. Hundert Fans blockierten den BVB-Mannschaftsbus, drohten mit Fanchören und machten erst nach Gesprächen mit den Spielern den Weg frei für den Rückweg und das Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg. Sollte Borussia Dortmund bis dahin noch keinen neuen Cheftrainer gefunden haben, ist für reichlich Spektakel an der Seitenlinie gesorgt. Nürnberg kommt mit Coach Hans Meyer, und der ist bekanntlich in der Form seines Lebens.