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: Fehde um zwei Teenies

FUSSBALL Hertha bezichtigt Hoffenheim, auf unschöne Art zwei Talente abgeworben zu haben

„Jetzt kommen die beiden zusammen zu uns. Das ist nicht die schlechteste Lösung“

HOFFENHEIM-MANAGER ERNST TANNER

Dass sich Scouts auf Fußballplätzen die Beine in den Bauch stehen, um neue Talente zu entdecken, ist nichts Neues. Dass große Vereine kleinen Klubs Jugendspieler abwerben, auch nicht. Schließlich haben die Nachwuchskicker in den 45 Leistungszentren des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) bessere Entwicklungschancen, weil dort in der Regel bessere Trainer und eine bessere Infrastruktur zur Verfügung stehen. Was aber passiert, wenn sich die Leistungszentren untereinander Talente abspenstig machen?

Im Fall von Hertha BSC und Hoffenheim entwickelt sich daraus ein handfester Streit – obwohl solche Abwerbungen seit dem Ende der Selbstverpflichtung der Leistungszentren 2007 keine Besonderheit sind. In diesem Fall geht es um zwei kickende Freunde, 14 und 15 Jahre alt, die im Sommer aus ihrer Heimatstadt Berlin 617 Kilometer nach Südwesten ziehen werden, nach Hoffenheim. Zuvor hatte die Hertha ihnen Förderverträge vorgelegt, die die Nachwuchskicker mit Zustimmung ihrer Eltern schon im Alter von 15 Jahren hätten unterschreiben dürfen. In Kraft treten solche Verträge erst, wenn die Spieler 16 Jahre alt sind.

Doch die von Hertha angebotenen Verträge treten gar nicht in Kraft. Die bei der Fußballerberaterfirma International Soccer Consulting, deren prominentester Klient Michael Ballack ist, unter Vertrag stehenden Jungspieler lehnten vor wenigen Tagen das Angebot ab – und wechseln lieber zu Hoffenheim. „Wir haben den Älteren der beiden schon vor einem Jahr zu einem Probetraining zu uns eingeladen. Da war er noch gar nicht bei Hertha“, sagte Hoffenheim-Manager Ernst Tanner der taz. Er wehrt sich gegen die Hertha-Behauptung, die Abwerbung sei nicht gerade auf die feine englische Art abgelaufen.

„Damals sagten wir, dass er als C-Jugendspieler noch etwas zu jung sei – auch weil er bei uns natürlich recht weit von zu Hause weg ist“, so Tanner weiter. Man habe vereinbart, dass er gern in die B-Jugend nach Hoffenheim kommen könne. „Wir hatten nichts dagegen, dass er bis dahin im Leistungszentrum bei Hertha spielt.“ Den Jüngeren der beiden habe der Club damals auch schon im Blick gehabt. „Jetzt kommen die beiden Kumpels zusammen zu uns. Das ist mit Sicherheit nicht die schlechteste Lösung“, freut sich Tanner. Sie würden auch in derselben Gastfamilie untergebracht.

Die Verantwortlichen bei Hertha zeigten sich über die Abwerbung, die eigentlich keine ist, gar nicht erfreut. Sie schrieben einen medienwirksamen Beschwerdebrief an Hoffenheim und die DFL. Darüber hinaus erteilte die Hertha Hoffenheim-Chefscout Wolfgang Geiger und seinen Mitarbeitern Hausverbot. Geiger soll den Charlottenburger Club daraufhin als „Stasiverein“ bezeichnet haben. Deswegen erwägt die Hertha, nun weitere juristische Schritte einzuleiten – auch wenn sich Hoffenheim-Manager Tanner für die Beleidigung bereits entschuldigt hat.

Raus aus der Schmiede

Die beiden Nachwuchskicker sind zudem aus der Hertha-Nachwuchsschmiede geflogen. Sie werden bis zum Wechsel nach Hoffenheim aber weiter in einem DFB-Leistungszentrum spielen können. Und das gar nicht weit von der Hertha entfernt – bei Tennis Borussia Berlin. CHRISTIAN AICHNER