DIE KLEINE WORTKUNDE

[flaidzin] Seit ein paar Tagen existiert er – der Flyjin. Dabei handelt es sich um einen in Japan arbeitenden Ausländer, Touristen oder Studenten, der schon beim kleinsten Anzeichen einer Nuklearkatastrophe auf den Flughafen zusteuert. Flyjin ist kein originär japanisches Wort, sondern wurde wohl von englischsprachigen Twitter-Nutzern geprägt.

Allerdings wird dieser Begriff inzwischen auch von Japanern, vor allem in der Region Tokio, verwendet. Gaijin ist die etwas abschätzige Variante des Wortes Gaikokujin, welches „Ausländer“ bedeutet. Flyjin drückt den Unmut vieler Tokioter über die in ihren Augen panische Überreaktion der ausländischen Ausreißer aus.

Alternativ gibt es auch den Begriff Shinkanjin für die Ausländer, die sich mit dem japanischen Schnellzug Shinkansen aus dem Staub machten. Hinzu kommen Wortkreationen wie Cry-jin, für die Fly-jin, die keinen Sinn für Humor besitzen.

Blogs wie http://flyjin.com/, Internetforen und Twittereinträge zeigen, warum dieses Wort entstanden ist: Nichtjapaner haben ihre KollegInnen, Arbeitsplätze, Freunde und Partner zurückgelassen. Ausländische Unternehmen haben angekündigt, sich zumindest teilweise aus dem Land zurückzuziehen. Vielen Firmen ist die Arbeit auch unmöglich geworden, weil ihnen Kunden und Geschäftspartner fehlen.

Flyjin ist also auch ein Ausdruck dafür, dass eine neue Kluft zwischen Japanern und Zugereisten durch die Landflucht der Letzteren entstanden ist. Einige japanische Geschäftsleute haben den Exodus in Medien bereits als „albernen Vertrauensbruch“ verurteilt, welcher „nie vergessen wird“. FELIX MILKEREIT