Istanbuler Gericht verurteilt Terrorplaner

Beim Prozess gegen die Hintermänner einer Anschlagserie 2003 in der Türkei zeigen die Angeklagten keine Reue

ISTANBUL taz ■ Mit siebenmal „lebenslänglich“ und 40 weiteren Freiheitsstrafen zwischen 3 und 18 Jahren endete in Istanbul am späten Freitag der Prozess gegen die Hintermänner der Selbstmordattentäter auf zwei Synagogen, das britische Konsulat und die britische HSBC-Bank im November 2003. Bei den vier Attentaten innerhalb von fünf Tagen waren 58 Menschen getötet und über 600 verletzt worden. Die Attentäter kamen alle aus einer Kleinstadt im kurdisch besiedelten Südosten der Türkei und hatten dort Verbindungen zu sogenannten Afghanis, die in Afghanistan gegen die Sowjetunion gekämpft hatten oder später in Tschetschenien aktiv waren.

Bei den jetzt zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Männern handelt es sich um einen Syrer und sechs Türken. Der Syrer Luia al-Saka gilt als wichtiger Verbindungsmann zur irakischen al-Qaida und soll ein enger Mitarbeiter des getöteten Abu Musa al-Sarkawi gewesen sein. Außerdem habe er persönlichen Kontakt zu Ussama Bin Laden gehabt. Im Prozess bekannte er sich als islamischer Kämpfer gegen die Besatzer im Irak. Die Richter in Istanbul sahen es als erwiesen an, dass er die Anschläge maßgeblich geplant und das Geld dafür beschafft hat. Er wurde im August 2005 in Antalya verhaftet, als dort eine Bombenwerkstatt in Flammen aufging.

Anders als im gerade in Madrid begonnenen Terrorprozess gaben sich die meisten Angeklagten in Istanbul viel offensiver. Der türkische Islamist Harun Ilhan bekannte sich offen zu seiner Rolle bei der Planung der Anschläge. Er forderte das Gericht auf, sich zum Islam zu bekennen, bevor es zu spät sei. Die anderen zu „lebenslänglich“ verurteilten Angeklagten bestritten eine direkte Täterschaft, wurden aber als Mitglieder der Terrorzelle ebenfalls verurteilt.

Bereits zuvor waren weitere 40 Anklagte zu Freiheitsstrafen verurteilt worden, während das Gericht 26 Angeklagte freisprach. Zwei führende Mitglieder der Terrorzelle sollen laut Geheimdienst in den Irak geflohen und dort getötet worden sein. JÜRGEN GOTTSCHLICH