Testlauf in Essen

Der Protest gegen den G7-Gipfel in Essen hält sich in Grenzen: Die Route der Demonstranten führt weit weg von der Tagung der Finanzminister

VON NATALIE WIESMANN

Die Finanzminister der sieben mächtigsten Industriestaaten werden bei ihrem Treffen in Essen nicht von Pfiffen und Buhrufen gestört. Denn der Protestzug am Samstag, zu dem unter anderem Greenpeace, WASG und attac aufgerufen haben, macht einen weiten Bogen um die Villa Hügel. „Sonst hätten wir die Demo gar nicht anmelden dürfen“, sagt Claudia Jetter von attac. Die Marschroute sei mit der Polizei „genau abgesprochen“ worden. Die führt von der Innenstadt zwar in den wohlhabenden Süden von Essen – aber nicht in die Nähe der Krupp-Villa, wo die Finanzchefs aus Frankreich, Deutschland, USA, Italien, Japan, Kanada und Großbritannien seit Freitag über Hedgefonds und die Stabilität der Finanzmärkte konferieren.

Nur 500 bis 2.000 Teilneh-merInnen erwarten die Anmelder bei der Protestveranstaltung „G7 – das Geld zu Gast in Essen“. Attac sieht sie dennoch als „Generalprobe“ für den G8-Gipfel im Juni. In Essen werden die Demonstrierenden nicht, wie in Heiligendamm geplant, von einem eigens für sie errichteten Zaun von den Spitzenpolitikern ferngehalten. „Wir werden alles tun, um die friedliche Ausübung der Versammlungsfreiheit zu gewährleisten und zu schützen“, erklärte Polizeipräsidentin Stephania Fischer-Weinsziehr letzte Woche. Sie wolle aber „allen erkennbaren Absichten zu Gewalttätigkeiten entgegentreten“.

Nicht nur die Villa Hügel, sondern auch die Essener Philharmonie sind weiträumig abgeschirmt. Dort sollen die Pressegespräche der Finanzchefs stattfinden. Wie groß das Polizeiaufgebot werden soll, bleibt bis zur letzten Minute geheim. Krawalle von Seiten der Protestierer erwartet die Polizei nicht: „Die Vorgespräche verliefen harmonisch“, sagte ein Sprecher

Dass die Route so weit weg vom Geschehen führt, findet Hans-Udo Schneider aus Dorsten „äußerst bedauerlich“. Der Industrie- und Sozialpfarrer wird auf der Schlusskundgebung sprechen und hätte seine kritischen Worte lieber direkt an die Finanzminister gerichtet. Er zieht seine Globalisierungskritik an einem regionalen Beispiel auf: „Die Diskussion um die hohen Subventionen für heimische Kohle ist verlogen“, sagt er. Denn die westlichen Industriestaaten würden die preiswerte Importkohle indirekt subventionieren. „Die Kohle ist nur so billig, weil sie etwa in China unter unmenschlichen Bedingungen abgebaut und von Mafia-Unternehmen zu uns geschifft wird“, sagt Schneider. Die Politik müsse endlich wieder das Ruder in die Hand nehmen: „Wir fordern die Besteuerung von Kerosin und von weltweiten Geldtransfers.“